Das BGer schützt ein Urteil des HGer ZH gegen die Vista24 GmbH, der verboten worden war,
Offerten für den Abschluss von Insertionsverträgen in einem online Telefonverzeichnis mit der Internetadresse www.chtelefon.ch oder www.ch-telefon.ch […] mit oder ohne vorgedruckter Adresse des Kunden im Geschäftsverkehr zu verwenden.
Das HGer hatte die Verwendung entsprechender Offerten als irreführend i.S.v. UWG 3 lit. b (und UWG 2) beurteilt. Die Angaben auf der Offerte seien zwar nicht unrichtig. Insbesondere war erkennbar, dass es sich um einen kostenpflichtigen Auftrag handle. Das Formular sei aber aufgrund der äusserlichen Aufmachung irreführend, weil nicht erkennbar sei, dass es sich nicht um die Bestätigung eines erfolgten Auftrags, sondern um eine Offerte handle. Der
Adressat könne nur aufgrund seiner Erinnerungen und nicht aufgrund des Formulars beurteilen, ob bereits ein Auftrag erteilt oder eine Offerte beantragt worden sei. Dies sei bei den Geschäftskunden (an die das Formular versendet werde) deshalb von Bedeutung, weil nicht jeder Mitarbeiter wisse, ob ein anderer Mitarbeiter bereits einen Auftrag erteilt oder eine Offerte verlangt habe und er nur noch die Richtigkeit des Eintrags überprüfen müsse, oder ob es darum gehe, zu entscheiden, ob überhaupt ein Eintrag gewünscht werde. Daran — so das Handelsgericht — vermöge auch der kursiv gedruckte Hinweis “Bitte alle Angaben bei gewünschtem, kostenpflichtigen Vertrag überprüfen” nichts zu ändern […].
Das BGer schützt dieses Urteil aus folgenden Gründen:
- Es ist von einer beschränkten Aufmerksamkeit der Adressaten auszugehen.
- Bei KMU kann nicht von einer grossen Erfahrung bei der Lektüre von Dokumenten mit juristischem Inhalt ausgegangen werden (vgl. BGE 136 III 23 E. 9.1.3).
- Es gilt daher ein strenger Massstab an die erforderliche Klarheit.
- Es wird nicht auf die Vorzüge des Registereintrags hingewiesen, was den Offertcharakter verdeutlichen würde.
- Ein Hinweis darauf, dass der Adressat, wenn er keinen Eintrag wünscht, nicht zu reagieren braucht, findet sich nur ganz am Ende.
- Nur die genaue Lektüre des kleingedruckten Textes zeigt also, dass es sich um eine Offerte für einen kostenpflichtiger Vertrag handelt.
- Dass das Formular zu unterzeichnen ist, beseitigt die Irreführungsgefahr nicht. Unterschriften auch für unentgeltliche Leistungen sind nicht unüblich (BGE 136 III 23 E. 9.1.3 S. 48).
- Der Satz “Bitte alle Angaben bei gewünschtem, kostenpflichtigen Vertrag überprüfen und ggf. ergänzen” und die Bitte an den Adressaten am Ende des Formulars, den “Auftrag” zu retournieren, reichen nicht. Zwar kann beides als Hinweis verstanden werden, es handle sich um eine Offerte für einen kostenpflichtigen Vertrag. Die Hinweise sind aber nicht eindeutig und “eher unauffällig” plaziert.
- Für die Unlauterkeit reicht es, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung anzunehmen ist, dass eine nicht unerheblichen Zahl von Adressaten irregeführt wird.
Zuletzt hält das BGer ausdrücklich fest, dass dieses Verhalten auch unter die neue Bestimmung von UWG 3 lit. p fiele. Diese Bestimmung (in Kraft seit 1. April 2012) lautet wie folgt:
[Unlauter handelt insbesondere, wer]
p. mittels Offertformularen, Korrekturangeboten oder Ähnlichem für Eintragungen in Verzeichnisse jeglicher Art oder für Anzeigenaufträge wirbt oder solche Eintragungen oder Anzeigenaufträge unmittelbar anbietet, ohne in grosser Schrift, an gut sichtbarer Stelle und in verständlicher Sprache auf Folgendes hinzuweisen:
1.die Entgeltlichkeit und den privaten Charakter des Angebots,
2.die Laufzeit des Vertrags,
3.den Gesamtpreis entsprechend der Laufzeit, und4.die geografische Verbreitung, die Form, die Mindestauflage und den spätesten Zeitpunkt der Publikation;
4. die geografische Verbreitung, die Form, die Mindestauflage und den spätesten Zeitpunkt der Publikation
Konkret hat die Vista 24 GmbH im vorliegenden Formular nicht in grosser Schrift und an gut sichtbarer Stelle auf die Entgeltlichkeit des Angebots, die Laufzeit des Vertrags und den Gesamtpreis entsprechend der Laufzeit hingewiesen. Zudem fallen solche Formulare “ohne weiteres” unter die in UWG 3 lit. p genannten Werbemittel (Offertformulare, Korrekturangebote oder Ähnliches):
Der Anwendungsbereich der Bestimmung ist entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht auf Offertrechnungen beschränkt.