5A_376/2012: Eingabe bei der sachlich oder funktionell unzuständigen Instanz; überspitzer Formalismus bejaht

Das BGer hält im vor­liegen­den Entscheid fest, dass eine Behörde, die zuwartet, bis sich
ein verbesser­lich­er Fehler nicht mehr heilen lässt, und danach
die Partei die Fol­gen dieses Fehlers tra­gen lässt, über­spitzt for­mal­is­tisch han­delt. Konkret hat­te das  Bezirks­gericht Hor­gen einen nicht vertretenen
Beschw­erde­führer nach Erhalt eines Rechtsmit­tels nicht darauf aufmerksam
gemacht, dass die Beschw­erde bei der Rechtsmit­telin­stanz einzureichen
ist, und es hat die Beschw­erde auch nicht sofort weitergeleitet. 

Das BGer kon­nte daher aus­drück­lich offen­lassen, ob das Schweigen der ZPO zur Frist­wahrung durch Eingaben, die an eine sach­lich
oder funk­tionell unzuständi­ge Behörde
gerichtet sind, ein qual­i­fiziertes ist:

Andere Bun­des­ge­set­ze ken­nen […] entsprechende Nor­men (vgl. Art. 48 Abs. 3 BGG; Art. 32 Abs. 2 SchKG; Art. 91 Abs. 4 StPO [SR 312.0]; Art. 39 Abs. 2 ATSG
[SR 830.1]). Ob das Schweigen der ZPO zu diesen Fra­gen ein
qual­i­fiziertes ist oder ob die ZPO dies­bezüglich unvoll­ständig ist und
zu ergänzen wäre, braucht vor­liegend nicht beant­wortet zu werden.
Unab­hängig von der Ausle­gung der ZPO und ins­beson­dere unab­hängig von der
Frage der Frist­wahrung durch Ein­re­ichung ein­er Eingabe bei einer
unzuständi­gen Behörde hält das Ver­hal­ten der Zürcher Gerichte nämlich
vor Art. 29 Abs. 1 BV nicht stand.