2C_380/2012: Behindertengerechte Einrichtung eines IC-Wagens (amtl. Publ.)

Das BGer heisst eine Beschw­erde betr. die behin­derten­gerechte Ein­rich­tung eines neu zu bauen­den Fer­n­verkehrs-Dop­pel­stock-Triebzuges gut. Der Vere­in Inte­gra­tion Hand­i­cap und die Stiftung zur Förderung ein­er behin­derten­gerecht­en baulichen Umwelt hat­ten gegen eine Ver­fü­gung des Bun­de­samts für Verkehr Beschw­erde ans BVGer erhoben und u.a. die Ver­legung des Roll­stuhlbere­ichs von der geplanten roll­stuhlgängi­gen Verpfle­gungszone in einen anderen Wagen ver­langt. Die Zusam­men­le­gung des Roll­stuhlbere­ichs und der Verpfle­gungszone für Mobil­itäts­be­hin­derte hätte zur Folge, dass Roll­stuhlfahrer grund­sät­zlich im Speise­bere­ich reisen müssten. Dadurch wür­den sie im Ver­gle­ich zu den anderen Fahrgästen schlechter gestellt, und die Benutzung des all­ge­meinen Fahrgast­bere­ichs würde erschw­ert oder verunmöglicht.

Das BGer hält fest, sei sel­ten, dass mehrere Mobil­itäts­be­hin­derte gle­ichzeit­ig densel­ben Zug benützen, und noch viel sel­tener wolle ein­er davon speisen und füh­le sich ein ander­er dadurch gestört. Auch sei schw­er nachvol­lziehbar, inwiefern es eine rechtlich rel­e­vante Benachteili­gung darstellen soll, wenn jemand in einem Raum reisen muss, in welchem zugle­ich andere Per­so­n­en essen. Ausser­dem sei im Zug ohne­hin mit stören­den Aktiv­itäten zu rech­nen (“wie zum Beispiel sprechen, tele­fonieren, lachen, schminken, spie­len (und vieles andere mehr)”), und kaum jemand habe die freie Wahl, aus sub­jek­tiv­er Sicht “ungestört” ans Ziel zu gelangen: 

Es ist daher einem mobil­itäts­be­hin­derten Bah­n­reisenden, der nicht speisen will, zuzu­muten, im gle­ichen Raum zu sitzen, in dem vielle­icht gele­gentlich ein ander­er Mobil­itäts­be­hin­dert­er ein Menu aus dem Speisewa­gen isst. Die Wahrschein­lichkeit dieser Kon­stel­la­tion ist nicht sig­nifikant gröss­er als die Wahrschein­lichkeit, dass sich nicht behin­derte, nicht essende Fahrgäste durch essende andere Fahrgäste im gle­ichen Abteil gestört fühlen und infolge Vollbe­set­zung des Zugs auch nicht auf andere Wagen auswe­ichen kön­nen. Die stre­it­ige Anord­nung des Roll­stuhlbere­ichs gemäss Pflicht­en­heft bedeutet daher nicht, dass Behin­derte im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BehiG “schlechter gestellt” wer­den als nicht Behinderte.