4A_367/2012: (strenge) Auslegung des Begriffs der Diskriminierung i.S.v. BehiG 6 (amtl. Publ.)

Ein Gen­fer Kino hat­te ein­er Per­son im Roll­stuhl und ihren Helfern den Zugang zum (nicht behin­derten­gerecht aus­ges­tat­teten) Kino unter Hin­weis auf Sicher­heitsvorschriften ver­wehrt. In der Folge klagten die abgewiese­nen und Inte­gra­tion Hand­i­cap gegen den Kino­be­treiber auf Zahlung ein­er Entschädi­gung und Fest­stel­lung ein­er Diskrim­ierung (BehiG 6). Das BGer hat­te daher im vor­liegen­den Fall den Begriff der Diskri­m­inierung auszulegen.

Der Begriff der “Diskri­m­inierung” bedeutet nach BehiV 2 lit. d “Behin­derte beson­ders krass unter­schiedlich und benachteili­gend behan­deln mit dem Ziel oder der Folge, sie her­abzuwürdi­gen oder auszu­gren­zen”. Davon kon­nte hier keine Rede sein. Die Ver­weigerung des Zutritts kon­nte sich auf zumin­d­est nachvol­lziehbare Sicher­heits­be­denken stützen.

Die Kläger hat­ten dem Kino­be­treiber zwar vorge­wor­fen, seine Beru­fung auf
Sicher­heits­gründe sei diskri­m­inierend, denn es liege in der Natur der Sache,
dass Per­so­n­en im Roll­stuhl bei Evaku­a­tio­nen beson­deren Risiken
aus­ge­set­zt sind. Zudem sei eine Haf­tung des Kino­be­treibers für Schäden
infolge eines Unfalls des Roll­stuhlfahrers aus­geschlossen. Diese
Ein­wände sind laut BGer zwar nicht von der Hand zu weisen, entkräften
die Bedenken des Kino­be­treibers aber nicht. Bei Kinovorstel­lun­gen sei
das all­ge­meine Evaku­a­tion­srisiko durch die grosse Zahl der anwesenden
Per­so­n­en erhöht, und der Kino­be­treiber fürchte sich zu Recht wenn nicht
vor ein­er Haf­tung, so doch vor imma­teriellen Schä­den bei einem Unfall in
seinem Kino.

Die von Schefer und Hess-Klein vertretene weit­erge­hende Ansicht (Juslet­ter vom 19.9.11: Diskri­m­inierung bei Ver­weigerung des Zutritts mit der Begrün­dung, gehbe­hin­derte Men­schen kön­nten im Falle eines Bran­des den Notaus­gang nicht aus eigen­er Kraft erre­ichen) sei dage­gen mit dem Geset­zes­text von BehiV 2 lit. d unvere­in­bar. Auch ver­let­zte diese Ausle­gung des Begriffs der Diskri­m­inierung nicht EMRK 14.