4A_465/2013: Einzel‑, gemeinschaftliche u. Teilgläubigerschaft; letztere als Regel, hier bei gemeinsamem Grundstückverkauf (amtl. Publ.)

Das BGer hat­te vor­liegend über die Aktivle­git­i­ma­tion von Grund­stück­verkäufern für die Kauf­pre­is­forderung zu entschei­den. Dabei war das Grund­stück als “Gesamt­sache” verkauft wor­den. Deshalb, so das KGer SG als Vorin­stanz, sei den Verkäufern die Kauf­pre­is­forderung nicht je zur Hälfte, son­dern gesamthaft zur gesamten Hand zuge­s­tanden, so dass die Verkäufer die Betrei­bung gemein­sam hät­ten ein­leit­en müssen.

Das BGer unter­schei­det zunächst Einzel‑, gemein­schaftliche und Teilgläubigerschaft:

  1. Bei Einzel­gläu­biger­schaft ist jed­er Gläu­biger berechtigt, ohne Mitwirkung der andern das Ganze und nicht nur einen Teil der Leis­tung zu ver­lan­gen. Der wichtig­ste Fall ist die Sol­i­dar­gläu­biger­schaft.
  2. Bei der gemein­schaftlichen Gläu­biger­schaft ste­ht die gesamte Forderung den Gläu­bigern dage­gen ungeteilt zu, und zwar so, dass alle Gläu­biger die Forderung nur gemein­sam gel­tend machen kön­nen. Der Schuld­ner kann sich hier eben­falls nicht durch Leis­tung an einen einzel­nen Gläu­biger befreien, son­dern nur durch Gesamtleis­tung an alle Gläu­biger. Nach der Lehre entste­ht eine gemein­schaftliche Gläu­biger­schaft grund­sät­zlich nur dann, wenn unter den Gläu­bigern ein Gesamthandsver­hält­nis besteht.
  3. Bei der Teil­gläu­biger­schaft sind mehrere Gläu­biger unab­hängig voneinan­der pro rata an ein­er teil­baren Forderung berechtigt, wobei die Leis­tung in ihrer Gesamtheit nur ein­mal zu erbrin­gen ist. Hier kann jed­er Gläu­biger selb­ständig den ihm zuste­hen­den Teil ver­lan­gen, und der Schuld­ner muss den entsprechen­den Teil an jeden Gläu­biger sep­a­rat leisten

Nach herrschen­der Lehre ist Teil­gläu­biger­schaft bei ver­traglichen Oblig­a­tio­nen von Geset­zes wegen der Regelfall. Bei teil­baren Leis­tun­gen wie Geld­forderun­gen ist im Zweifels­fall von Teil­gläu­biger­schaft auszuge­hen. Teil­gläu­biger­schaft entste­ht ins­beson­dere auch bei einem Ver­trag, bei dem mehrere Ver­tragsgenossen, unter denen kein Gesamthandsver­hält­nis beste­ht, auf ein­er Ver­trags­seite kon­trahieren, z.B. Miteigen­tümer, die ihre Liegen­schaft als Ganze verkaufen.

Das BGer weist deshalb die Auf­fas­sung des KGer SG zurück. Der Umstand, dass das Grund­stück als Ganzes veräussert wurde, lässt noch nicht darauf schliessen, dass die Verkäufer in Bezug auf die Kauf­pre­is­forderung eine gemein­schaftliche Gläu­biger­schaft bilden, geschweige denn gesamthän­derisch berechtigt sind. Die Min­der­heitsmei­n­ung von Schwen­z­er, der sich Huguenin angeschlossen habe und wonach bei Miteigen­tümern von ein­er gemein­schaftlichen Gläu­biger­schaft auszuge­hen sei, überzeugt das BGer nicht. Auch aus dem konkreten Grund­stück­verkaufver­trag ergab sich nichts anderes. Dass das gesamte Grund­stück gegen eine Gesamtzahlung veräussert wurde, bedeutet noch nicht, dass die Verkäufer ihre Kauf­pre­is­forderung nur gemein­sam gel­tend machen können