Das BGer hatte vorliegend über die Aktivlegitimation von Grundstückverkäufern für die Kaufpreisforderung zu entscheiden. Dabei war das Grundstück als “Gesamtsache” verkauft worden. Deshalb, so das KGer SG als Vorinstanz, sei den Verkäufern die Kaufpreisforderung nicht je zur Hälfte, sondern gesamthaft zur gesamten Hand zugestanden, so dass die Verkäufer die Betreibung gemeinsam hätten einleiten müssen.
Das BGer unterscheidet zunächst Einzel‑, gemeinschaftliche und Teilgläubigerschaft:
- Bei Einzelgläubigerschaft ist jeder Gläubiger berechtigt, ohne Mitwirkung der andern das Ganze und nicht nur einen Teil der Leistung zu verlangen. Der wichtigste Fall ist die Solidargläubigerschaft.
- Bei der gemeinschaftlichen Gläubigerschaft steht die gesamte Forderung den Gläubigern dagegen ungeteilt zu, und zwar so, dass alle Gläubiger die Forderung nur gemeinsam geltend machen können. Der Schuldner kann sich hier ebenfalls nicht durch Leistung an einen einzelnen Gläubiger befreien, sondern nur durch Gesamtleistung an alle Gläubiger. Nach der Lehre entsteht eine gemeinschaftliche Gläubigerschaft grundsätzlich nur dann, wenn unter den Gläubigern ein Gesamthandsverhältnis besteht.
- Bei der Teilgläubigerschaft sind mehrere Gläubiger unabhängig voneinander pro rata an einer teilbaren Forderung berechtigt, wobei die Leistung in ihrer Gesamtheit nur einmal zu erbringen ist. Hier kann jeder Gläubiger selbständig den ihm zustehenden Teil verlangen, und der Schuldner muss den entsprechenden Teil an jeden Gläubiger separat leisten
Nach herrschender Lehre ist Teilgläubigerschaft bei vertraglichen Obligationen von Gesetzes wegen der Regelfall. Bei teilbaren Leistungen wie Geldforderungen ist im Zweifelsfall von Teilgläubigerschaft auszugehen. Teilgläubigerschaft entsteht insbesondere auch bei einem Vertrag, bei dem mehrere Vertragsgenossen, unter denen kein Gesamthandsverhältnis besteht, auf einer Vertragsseite kontrahieren, z.B. Miteigentümer, die ihre Liegenschaft als Ganze verkaufen.
Das BGer weist deshalb die Auffassung des KGer SG zurück. Der Umstand, dass das Grundstück als Ganzes veräussert wurde, lässt noch nicht darauf schliessen, dass die Verkäufer in Bezug auf die Kaufpreisforderung eine gemeinschaftliche Gläubigerschaft bilden, geschweige denn gesamthänderisch berechtigt sind. Die Minderheitsmeinung von Schwenzer, der sich Huguenin angeschlossen habe und wonach bei Miteigentümern von einer gemeinschaftlichen Gläubigerschaft auszugehen sei, überzeugt das BGer nicht. Auch aus dem konkreten Grundstückverkaufvertrag ergab sich nichts anderes. Dass das gesamte Grundstück gegen eine Gesamtzahlung veräussert wurde, bedeutet noch nicht, dass die Verkäufer ihre Kaufpreisforderung nur gemeinsam geltend machen können