Gegenstand dieses Urteils war ein umstrittener und schuldig gebliebener Zahlungsrückstand zweier Mieter von CHF 164.65. Die kantonalen Instanzen beurteilten die aufgrund dieses Ausstands und gestützt auf Art. 257d OR ausgesprochene Kündigung durch den Vermieter als rechtsmissbräuchlich. Auf Beschwerde hin hob das Bundesgericht das vorinstanzliche Urteil auf und stellte fest, dass die ausgesprochene Kündigung rechtsgültig ist.
Das Bundesgericht rief zunächst seine Rechtsprechung in Erinnerung, wonach in restriktiv auszulegenden Ausnahmefällen eine nach Art. 257d OR ausgesprochene Kündigung gegen Treu und Glauben widersprechen könne (E. 1).
Die Mieter hatten während dem gesamten Verfahren geltend gemacht, dass der ausstehende Betrag von CHF 164.65 unbedeutend im Sinne dieser Rechtsprechung und eine Kündigung damit treuwidrig sei. Mit dieser Begründung waren sie bereits bei der Vorinstanz nicht durchgedrungen und das Bundesgericht stützte in diesem Punkt das Urteil (E. 2):
Le caractère insignifiant se détermine en tant que tel, et non pas par rapport au loyer mensuel ou par rapport au montant déjà versé à titre de loyer depuis le début du bail. Il se détermine en outre objectivement, et non par rapport à la situation subjective des parties. Les moyens financiers du bailleur importent peu, la procédure de l’art. 257d CO étant ouverte à tous les bailleurs, impécunieux ou aisés.
Die Mieter machten weiter geltend, dass der vom Vermieter eingeforderte Betrag bestritten sei. Nach einem Teil der Lehre kann der Vermieter in solchen Fällen nicht nach Art. 257d OR verfahren. Dieser Ansicht könne jedoch, so das Bundesgericht, nicht gefolgt werden. Vielmehr ist einzig die Fälligkeit der Forderung vorausgesetzt (E. 3.2):
L’art. 257d al. 1 CO n’exige pas que la créance de loyer ou frais accessoires soit incontestée ou judiciairement constatée, mais uniquement qu’elle soit exigible. Le locataire doit disposer du temps nécessaire pour consulter les pièces justificatives originales (…) et contrôler l’exactitude du décompte, respectivement effectuer le paiement requis (…).
Die Vorinstanz kam, so das Bundesgericht, offenbar gestützt auf eine Gesamtbetrachtung der Umstände (Dauer des Mietverhältnisses von über 40 Jahren, zeitgerechte Bezahlung der Mietzinse sowie Unklarheit des unbezahlten Betrags) zum Schluss, dass die Kündigung rechtsmissbräuchlich war und eine andere Reaktion angezeigter gewesen wäre. Auch dieser Begründung folgte das Bundesgericht mit Blick auf den Wortlaut von Art. 257d OR nicht (E. 5):
L’art. 257d CO permet de résilier immédiatement le contrat de bail à l’échéance du délai comminatoire si le montant exigé n’est pas payé. Il n’exige ni une seconde mise en demeure, ni même un simple rappel, quelles que soient les circonstances du cas particulier. Or, ne pas procéder à une démarche que la loi n’exige pas ne saurait être constitutif d’un abus de droit.