5A_527/2014: Anfechtung von Beschlüssen einer STWE-Versammlung; vermögensrechtliche Angelegenheit, deren Streitwert geschätzt, aber nicht im Nachhinein abgeändert werden kann (amtl. Publ.)

Zwei Miteigen­tümer eines Stock­w­erkeigen­tu­man­teils gin­gen gerichtlich gegen den eigen­mächti­gen Ein­bau eines Boil­ers im gemein­schaftlich genutzten Heizraum durch die anderen bei­den Stock­w­erkeigen­tümer vor. Sie hat­ten in ihrer Klage dargelegt, dass der Stre­itwert unter 30’000 CHF bliebe. Diese Sichtweise bekräftigten sie in ein­er Stel­lung­nahme, zu der sie durch erstin­stan­zliche Ver­fü­gung aufge­fordert wor­den waren, weil aus dem Pro­tokoll ein­er ausseror­dentlichen Ver­samm­lung der Stock­w­erkeigen­tümerge­mein­schaft her­vorg­ing, dass sie sich eine Entschädi­gung von nicht unter 30’000 bis 40’000 CHF vorstell­ten. Nach­dem die zweite Instanz einen Stre­itwert von 30‘000 CHF fest­gestellt hat­te, ver­trat­en sie vor dem Bun­des­gericht erfol­g­los die Ansicht, dass diese Stre­itwert­gren­ze erre­icht werde.

Bei der Anfech­tung von Beschlüssen der Stock­w­erkeigen­tümerver­samm­lung han­delt es sich grund­sät­zlich um eine ver­mö­gen­srechtliche Angele­gen­heit. Das gilt vor allem in einem Fall wie dem vor­liegen­den, in dem es um bauliche Mass­nah­men in gemein­schaftlichen Teilen des Stock­w­erkeigen­tums ging. Der Stre­itwert bes­timmt sich nach den Klage­begehren, die bis vor Oberg­ericht unverän­dert stre­it­ig geblieben sind (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG). Lautet das Begehren auf Aufhe­bung von Beschlüssen der Stock­w­erkeigen­tümerver­samm­lung und damit nicht auf Bezahlung ein­er bes­timmten Geld­summe, so set­zt das Bun­des­gericht den Stre­itwert nach Ermessen fest (Art. 51 Abs. 2 BGG).

Die stre­it­i­gen Rechte haben somit einen Geld­w­ert, der auch geschätzt wer­den kann. Auf den Anfech­tungs­grund (z.B. Mis­sach­tung von Quo­rumsvorschriften und Vetorecht, Ver­let­zung des Regle­ments oder Rechtsmiss­brauch) kommt es dabei nicht an. Stre­itwertbes­tim­mend ist in der Regel das Inter­esse der beklagten Stock­w­erkeigen­tümerge­mein­schaft als Gesamtes und nicht das­jenige der Beschw­erde­führer als kla­gen­den Stockwerkeigentümer.

Aber auch bei ein­er Schätzung des Stre­itwerts ist der objek­tive Wert zu ermit­teln. Wird, wie im vor­liegen­den Fall, vor Beginn des Gerichtsver­fahrens eine gütliche Eini­gung ver­sucht, darf nicht auf die in dieser Stre­it­phase geäusserten Vorstel­lun­gen über mögliche Entschädi­gun­gen abgestellt wer­den. Auszuge­hen ist hier nicht von den Äusserun­gen, welche die Beschw­erde­führer in ein­er Ver­samm­lung der Stock­w­erkeigen­tümer gemacht hat­ten, son­dern allein von ihren Aus­führun­gen zum Stre­itwert in der vere­in­facht­en Klage (Art. 244 Abs. 1 lit. d ZPO). Auf die Stre­itwer­tangabe in der Klage darf umso eher abgestellt wer­den, als sie in der Regel noch unbee­in­flusst von Über­legun­gen zur Zuläs­sigkeit allfäl­liger Bun­desrechtsmit­tel erfolgt.

Vor­liegend waren die Beschw­erde­führer stets anwaltlich vertreten und sich des Umfangs ihrer geld­w­erten Inter­essen von Anfang an bewusst. Sie kön­nen sich daher nicht im Nach­hinein auf die höhere, nun­mehr gün­stige Stre­itwer­tangabe im ange­focht­e­nen Urteil (Art. 112 Abs. 1 lit. d BGG) berufen. Da der geset­zliche Min­dest­stre­itwert in Höhe von 30‘000 CHF nicht erre­icht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) und auch keine Rechts­frage von grund­sät­zlich­er Bedeu­tung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG) gel­tend gemacht wurde (Art. 42 Abs. 2 BGG), erwies sich die Beschw­erde in Zivil­sachen als unzuläs­sig. Die Eingabe kon­nte auch nicht als Ver­fas­sungs­beschw­erde ent­ge­gengenom­men wer­den, weil die Beschw­erde­führer keine Ver­let­zung ver­fas­sungsmäs­siger Rechte gerügt hat­ten (Art. 116 BGG). Auf die Beschw­erde wurde daher ins­ge­samt nicht eingetreten.