5A_443/2014: Anerkennung der Leihmutterschaft verstösst gegen den ordre public (amtl. Publ.)

Ein Eltern­paar war in ein­er kali­for­nischen Geburt­surkunde als Eltern zweier durch eine Leih­mut­ter zur Welt gebrachter
Zwill­inge aufge­führt und ver­langte die Anerken­nung der kalifornischen
Geburt­surkun­den in der Schweiz und die Ein­tra­gung der Geburten im schweiz­erischen Per­so­n­en­stand­sreg­is­ter. Das BGer weist dieses Begehren wie bere­its die Vorin­stanzen ab.

Laut BGer ver­stiesse die Anerken­nung der Eltern­schaft zu einem von ein­er Leih­mut­ter gebore­nen Kind gegen den schweiz­erischen Ordre Pub­lic (IPRG 27 I). Das verfassungsrechtliche
Ver­bot der Leih­mut­ter­schaft gelte auch heute als Grundüberzeugung
der hiesi­gen Recht­san­schau­ung. Daraus folge zwar nicht ein generelles Anerken­nungsver­bot. Mass­ge­blich seien die Umstände des Einzelfalles: 

Namentlich sind bei der
Tran­skrip­tion aus­ländis­ch­er Per­so­n­en­stand­sak­te die Inten­sität des
Bin­nen­bezuges und der Zeitablauf mitzu­berück­sichti­gen (vgl. in E. 5.1
zitierte Autoren). Ein äusser­lich iden­tis­ches Rechtsver­hält­nis (hier:
Kindesver­hält­nis mit Eltern, zu denen wed­er ein genetis­ch­er noch ein
biol­o­gis­ch­er Bezug beste­ht), kann und muss je nach den konkreten
Umstän­den, welche zu diesem Ergeb­nis geführt haben, unter dem Aspekt des
Ordre pub­lic eine unter­schiedliche Würdi­gung erfahren.

Im vor­liegen­den Fall sei die Recht­sumge­hung jedoch offensichtlich:

Die Beschw­erde­führer sind schweiz­erische bzw. deutsche Staat­sange­hörige, sie hat­ten und haben unun­ter­brochen Wohn­sitz in der Schweiz und auch ihre Ehe weist keinen Berührungspunkt mit den USA auf. Der primäre Bezug zu den USA ist das Fak­tum der Recht­sumge­hung […]. […] Zwar beste­ht auf­grund der dort erfol­gten Geburten der Kinder ein Bezugspunkt zu den USA, aber dieser (einzige) Berührungspunkt ist wie gesagt ger­ade inhärenter Teil der Recht­sumge­hung. Überdies hat­ten die Beschw­erde­führer in den USA kein gelebtes Ver­hält­nis zu den Kindern; der Wun­sch­vater reiste mit ihnen nach Erledi­gung der For­mal­itäten in die Schweiz und die Beschw­erde­führer beantragten umge­hend die Tran­skri­bierung ins schweiz­erische Per­so­n­en­stand­sreg­is­ter. Es beste­ht mithin auch eine unmit­tel­bare zeitliche Nähe zwis­chen den Geburten und dem Begehren um Tran­skri­bierung der Kindesver­hält­nisse in das schweiz­erische Personenstandsregister. 

Im übri­gen wäre die Anerken­nung der Kindesver­hält­nisse in der vor­liegen­den Kon­stel­la­tion mit dem Ordre pub­lic auch dann unvere­in­bar, wenn keine Recht­sumge­hung vor­läge. Mass­ge­blich dafür ist auf­grund der Begrün­dung eines Kindsver­hält­nis mit einem nicht ver­wandten Kind die “funk­tionale Nähe” zum Adop­tion­srecht. Zwar ging es vor­liegend nicht um eine Adop­tion. Es wäre aber wer­tungsmäs­sig der Gedanke zu über­tra­gen, dass die Anerken­nung ein­er Aus­land­sadop­tion ordre-pub­lic-widrig ist, wenn vor der Adop­tion  keine Abklärung der Ver­hält­nisse und keine Eig­nung­sprü­fung erfol­gt ist.

An diesem Ergeb­nis ändert auch das Kindeswohl nichts. Zwar seien die Kinder in der Schweiz rechtlich eltern­los, und sie kön­nen vor­erst auch nicht das Schweiz­er Bürg­er­recht erlan­gen. Es sei aber auch denkbar, dass sich Leih­mut­ter­schaft­skinder im Fall ein­er Anerken­nung der Eltern­schaft später als Objekt des — durch das Recht ver­bote­nen — Vorge­hens sehen. Eine Anerken­nung würde ihnen in diesem Fall das Recht absprechen, “sich als Opfer zu fühlen”.

An diesem Ergeb­nis ändere schliesslich auch Art. 8 EMRK nichts.