4A_42/2015: Genehmigung unautorisierter Optionsgeschäfte infolge Zustellungs- und Genehmigungsfiktion

Im Entscheid 4A_42/2015 hat­te das Bundesgericht
Gele­gen­heit, seine Recht­sprechung zur Zustel­lungs- und Genehmi­gungs­fik­tion bei Bankgeschäften zu
bestäti­gen und zu ver­fein­ern. Dem Entscheid lag, stark vere­in­facht, folgender
Sachver­halt zugrunde:
Zwei auf den BVI dom­izilierte Gesellschaften hat­ten je
eine Kon­to-/De­pot­beziehung mit ein­er Schweiz­er Bank. Die bei­den Bankkundin­nen erhoben
in ihrer Zivilk­lage den Vor­wurf, ihr Kun­den­ber­ater habe eigen­mächtig riskante
Börsen­geschäfte getätigt. 
Das Han­dels­gericht liess diese Frage offen, weil es zum
Schluss gekom­men war, die bei­den Kundin­nen hät­ten die fraglichen Transaktionen
jeden­falls durch ihr Ver­hal­ten nachträglich genehmigt
.
Das Bun­des­gericht schützte diese Ansicht im Grundsatz:
Im Zusam­men­hang mit der Kundin 1 set­zte sich das
Bun­des­gericht ins­beson­dere mit der Frage der Genehmi­gungs­fik­tion auseinan­der.
Es ver­wies auf seine bish­erige Recht­sprechung und hielt, zumin­d­est für den vorliegenden
Fall, an dem in der Lehre kri­tisierten Entscheid 4C.194/2005 fest (sog.
“Zah­narzt-Fall”). Zusam­men­fassend kam das Bun­des­gericht zu folgendem
Schluss:
“5.5. Unter den eben dargestell­ten Umständen
kann sich die [Kundin]  1 von vornherein
nicht auf ein ange­blich rechtsmiss­bräuch­lich­es Ver­hal­ten der [Bank] berufen: Wer
als Kunde in ein­er reinen Kon­to-/De­pot­beziehung (exe­cu­tion only-Ver­hält­nis) in
den Bankauszü­gen Transak­tio­nen find­et, die er nicht in Auf­trag gegeben hat und
nicht gegen sich gel­ten lassen will, darf sich nicht mit ein­er einmaligen
tele­fonis­chen Rekla­ma­tion beim Kun­den­be­treuer beg­nü­gen, es bei einem mündlichen
“Ver­bot” zukün­ftiger unau­torisiert­er Transak­tio­nen bewen­den lassen
und die weit­ere Entwick­lung abwarten, um dann mehrere Monate später ausserhalb
der Rüge­frist gemäss den AGB, wenn Ver­luste einge­treten sind, sämtliche
ange­blich nicht autorisierten Transak­tio­nen zu bean­standen. Soweit der Kunde
die Transak­tio­nen durch sein Ver­hal­ten nicht ohne­hin bewusst genehmigt hat,
muss er jeden­falls man­gels eige­nen guten Glaubens die Genehmi­gungs­fik­tion gegen
sich gel­ten lassen, unab­hängig davon, ob sich der Kun­den­be­treuer absichtlich
nicht an die Kun­denin­struk­tio­nen gehal­ten hat.”
Im Gegen­satz zu Kundin 1 hat­te Kundin 2 ban­klagernde Korrespondenz
vere­in­bart. Das Bun­des­gericht set­zte sich hier mit der Frage der
Zustel­lungs­fik­tion auseinan­der, genauer, mit der Frage, ab welchem Zeitpunkt
eine Banksendung als zustellt gilt und die Frist zur Bean­stan­dung läuft.
Das Bun­des­gericht schützte die Ansicht des Han­dels­gerichts, wonach die –
physis­che oder elek­tro­n­is­che – Ablage
ein­er Sendung im Dossier des Kun­den
unmit­tel­bar fris­taus­lösend sei (E. 6.3
und 6.4).
Im han­dels­gerichtlichen Entscheid fehlten indes dies­bezügliche Sachverhaltsfeststellungen.
Das Bun­des­gericht kam zu fol­gen­dem Schluss: 
“6.6. Im Urteil fehlen somit
insofern tat­säch­liche Fest­stel­lun­gen zum Zeit­punkt der fristauslösenden
ban­klagern­den Zustel­lung der rel­e­van­ten Bankun­ter­la­gen. Unter diesen Umständen
durfte das Han­dels­gericht aber nicht beurteilen, wann die [Kundin] 2 die
Transak­tio­nen […] hätte bean­standen müssen, um sie nicht stillschweigend zu
genehmi­gen. Ent­ge­gen der [Bank] ist die entsprechende Tat­sache nicht irrelevant
für den Aus­gang des Ver­fahrens. Vielmehr set­zt die Anwen­dung der
Genehmi­gungs­fik­tion in einem ersten Schritt die Fest­stel­lung voraus, wann der
Bankkunde die rel­e­van­ten Bankun­ter­la­gen erhal­ten hat respek­tive hätte erhalten
müssen. Erst wenn dies fest­ste­ht, kann geprüft wer­den, ob und wann die [Kundin]
2 die fraglichen Transak­tio­nen bean­standen musste. […]”.
Das Bun­des­gericht hiess die Beschw­erde in diesem Punkt gut und wies die
Sache betr­e­f­fend Kundin 2 zur Neubeurteilung an das Han­dels­gericht zurück.