2C_739/2015 (amtl. Publ.): Berufsverbot i.S.v. Art. 33 FINMAG: prozessuale Fragen, Rechtsnatur

Im Entscheid 2C_739/2015 hat­te das Bun­des­gericht Gele­gen­heit, sich zu grundle­gen­den Fra­gen zum Berufsver­bot i.S.v. Art. 33 FINMAG zu äussern. 

Hin­ter­grund war ein von der FINMA zunächst gegen die ehe­ma­lige Bank Frey & Co. AG geführtes Ver­fahren im Zusam­men­hang mit dem gren­züber­schre­i­t­en­den US-Kun­dengeschäft. Das Ver­fahren wurde auf den ehe­ma­li­gen CEO aus­geweit­et, dem die FINMA ein Berufsver­bot i.S.v. Art. 33 FINMAG aufer­legte. Dieser wehrte sich dage­gen, was zum vor­liegen­den Entscheid führte. 

Das Bun­des­gericht wies zunächst darauf hin, die Voraus­set­zung der “schw­eren Ver­let­zung auf­sicht­srechtlich­er Bes­tim­mungen” i.S.v. Art. 33 FINMAG sei in Bezug auf die Beauf­sichtigte (hier: Bank) und die für sie han­del­nde natür­liche Per­son geson­dert zu beurteilen bzw. dass jeden­falls der Entscheid gegen die Beauf­sichtigte der natür­lichen Per­son unter dem Gesicht­spunkt der materiellen Recht­skraft nicht ent­ge­genge­hal­ten wer­den kann: 

“2.3 […] Zutr­e­f­fend ist, dass die Pflicht, deren schwere Ver­let­zung die Aufer­legung eines Berufsver­bots für eine natür­liche Per­son (Art. 33 FINMAG) recht­fer­tigt, der Beauf­sichtigten und nicht der natür­lichen Per­son selb­st obliegt, weswe­gen diese Pflichtver­let­zung auch in einem auf­sicht­srechtlichen Ver­fahren gegen die Beauf­sichtigte (Art. 3 lit. a FINMAG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 BankG) selb­st beurteilt wird; dieser Umstand, welch­er im Sys­tem der Insti­tut­sauf­sicht begrün­det liegt, ver­mag jedoch nichts daran zu ändern, dass die natür­liche, für die Beauf­sichtigte tätige (oder tätig gewe­sene) Per­son nicht Partei jenes Ver­fahrens war und ihr somit der gegen die Beauf­sichtigte ergan­gene Entscheid unter dem Gesicht­spunkt der materiellen Recht­skraft wegen fehlen­der Iden­tität der Parteien nicht ent­ge­gen gehal­ten wer­den kann […].”

Das Bun­des­gericht hielt dies­bezüglich fest, die Vorin­stanz habe auf­grund ihrer unzutr­e­f­fend­en Recht­sauf­fas­sung die zahlre­ichen Vor­brin­gen des Beschw­erde­führers, wonach keine schwere Ver­let­zung auf­sicht­srechtlich­er Bes­tim­mungen vorgele­gen habe, ungeprüft gelassen. Dadurch habe sie ein­er­seits die aus dem ver­fas­sungsrechtlichen Gehör­sanspruch fliessende, in Art. 29 ff. VwVG spezialge­set­zlich ver­ankerte Berück­sich­ti­gungspflicht recht­ser­he­blich­er Vor­brin­gen der Parteien ver­let­zt, was ein­er formellen Rechtsver­weigerung gle­ichkomme. Zudem habe sie den recht­ser­he­blichen Sachver­halt unvoll­ständig erhoben (E. 2.4). Das Bun­des­gericht hiess die Beschw­erde in diesem Punkt gut und wies die Sache zur Sachver­halt­sergänzung und Neubeurteilung an die Vorin­stanz zurück. 

In Hin­blick auf die Neubeurteilung machte das Bun­des­gericht sodann Vor­gaben zur Begrün­dungs­dichte, wenn die vorge­wor­fene Pflichtver­let­zung, wie vor­liegend, in ein­er Unter­las­sung besteht: 

“3.1 […] Für eine im Sinne von Art. 61 VwVG aus­re­ichende, den ver­fas­sungsrechtlichen Anforderun­gen (Art. 29 Abs. 2 BV) genü­gende Begrün­dung ist detail­liert aufzuzeigen, aus welch­er auf­sicht­srechtlichen Bes­tim­mung die Pflicht zur Vor­nahme welch­er Hand­lung fliesst und inwiefern die Ver­fahrenspartei diese spez­i­fis­che Hand­lung, trotz beste­hen­der rechtlich­er Hand­lungspflicht, unter­lassen hat [Ver­weis auf Lehre]; im Zusam­men­hang mit Art. 9 Abs. 2 aBankV ist ins­beson­dere für jedes Risiko geson­dert darzule­gen, inwiefern die Ver­fahrenspartei dieses hätte erken­nen, erfassen und wie begren­zen müssen.”

Schliesslich befasste sich das Bun­des­gericht mit der Rüge des Beschw­erde­führers, die Vorin­stanz habe das aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Ziff. 3 lit. g UNO-Pakt II fliessende Schweigerecht und Selb­st­be­las­tungsver­bot ver­let­zt, indem sie seine unter Ver­let­zung dieser Grund­sätze gemacht­en Aus­sagen im Ver­fahren gegen seine Arbeit­ge­berin (Bank) im vor­liegen­den Ver­fahren gegen ihn ver­wen­det habe (E. 2 und E. 3.3). Das Bun­des­gericht set­zte sich detail­liert mit der Recht­snatur des Berufsver­bots auseinan­der und kam zum Schluss, ungeachtet der repres­siv­en Ele­mente, welche das Berufsver­bot auch enthalte, sei diese Sank­tion als admin­is­tra­tiv und nicht strafrechtlich zu qual­i­fizieren. Konsequenz: 

“Gilt das Ver­fahren auf Erlass eines Berufsver­bots im Sinne von Art. 33 FINMAG nicht als eine strafrechtliche Anklage im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Ziff. 3 lit. g UNO-Pakt II, find­en die aus diesen Bes­tim­mungen abgeleit­eten Garantien (oben, E. 3.3 [Selb­st­be­las­tungsver­bot]) keine Anwen­dung. Die Beschw­erde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet.”