Mit Urteil vom 28. Juni 2016 (2C_180/2014) hat das Bundesgericht eine im Jahr 2009 gegen die Elmex-Herstellerin Gaba verhängte Busse der Wettbewerbskommission (WEKO) in der Höhe von CHF 4.8 Mio bestätigt. Der Entscheid des Bundesgerichtes stellt den ersten höchstrichterlichen Entscheid zur kartellrechtlich unzulässigen Verhinderung von Parallelimporten dar, und es ist gleichzeitg der Leitentscheid zur Beurteilung der Erheblichkeit von Wettbewerbsabreden im Bereich von Preis‑, Mengen‑, und Gebietsabsprachen im Sinne der Art. 5 Abs. 3 und 4 KG.
Die WEKO hatte mit Verfügung vom 30. November 2009 festgestellt, dass Gaba International AG (heute Colgate-Palmolive Europe Sàrl) bis zum 1. September 2006 den Schweizer Markt in kartellrechtswidriger Weise abgeschottet hatte. Konkret hatte Gaba ihre österreichische Vertriebspartnerin Gebro Pharma GmbH vertraglich dazu verpflichtet, keine Exporte von Elmex-Produkten in andere Länder zu tätigen, mithin keine Elmex-Produkte als Parallelimporte in die Schweiz zu liefern. Die WEKO belegte Gaba infolge dessen mit einer direkten Sanktion nach Art. 49a KG in der Höhe von rund CHF 4.8 Mio.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Folge am 19. Dezember 2013 eine von Gaba erhobene Beschwerde abgeweisen und die Verfügung der WEKO bestätigt.
In einem wesentlichen Punkt ging das Bundesverwaltungsgericht allerdings über die Verfügung der WEKO hinaus. Anders als seine Vorinstanz ging das Gericht nämlich davon aus, dass sich die Erheblichkeit von Wettbewerbsabreden im Bereich der Vermutungstatbestände für harte Kartellabsprachen der Art. 5 Abs. 3 und 4 KG alleine nach qualitativen Kriterien bemisst, wobei sich eine Prüfung quantitativer Kriterien erübrigt. Massgeblich ist nach dieser Auffassung alleine der Inhalt einer Wettbewerbsabrede (restriction by object), und nicht, ob und inwieweit sich eine Wettbewerbabrede auf dem relevanten Markt ausgewirkt hat (restriction by effect).
Das Bundesgericht ist in seinem Urteil vom 28. Juni 2016 nun der Interpretation des Bundesverwaltungsgerichtes gefolgt. Das höchste Schweizer Gericht hat sich in der öffentlichen Verhandlung in einem mit 3 zu 2 Stimmen gefällten Grundsatzentscheid dafür ausgesprochen, im Bereich harter Kartellabreden auf eine Prüfung quantitativer Kriterien zu verzichten. Abreden im Bereich der Vermutungstabestände der Art. 5 Abs. 3 und 4 KG gelten demnach alleine aufgrund ihrer Qualität als erhebliche Beinträchtigung des Wettbewerbs, unabhängig von quantitativen Kriterien. Eine Rechtfertigung aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz vorbehalten, gelten solche Abreden als unzulässig.
Im Weiteren hat das Bundesgericht auch die Grundsatzfrage entschieden, ob lediglich wettbewerbsbeschränkende Abreden im Bereich der Vermutungstatbestände ebenfalls sanktioniert werden können. Dem Urteil des Bundesgerichtes zufolge können direkte Sanktionen nach Art. 49a KG nicht nur bei wettbewerbsbeseitigenden Abreden verhängt werden. Im Sinne der bisherigen Praxis der WEKO kann ein fehlbares Unternehmen auch dann gebüsst werden, wenn die Vermutung der Wettbewerbsbeseitigung nach Art. 5 Abs. 3 oder 4 KG umgestossen werden kann, eine bloss erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs resultiert und die Rechtfertigung aus Effizienzgründen misslingt.
Die schriftliche Begründung des Urteils steht noch aus.
Weitere Informationen: Medienmitteilung vom 28. Juni 2016 (PDF).