Mit Urteilen vom 9. Oktober 2017 hat das Bundesgericht zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Preisabreden für Baubeschläge für Fenster und Fenstertüren kassiert. Das höchste Schweizer Gericht hat die Sache damit zur Abklärung und Feststellung des Sachverhaltes sowie zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte mit seinen Urteilen zwei Sanktionsverfügungen der Wettbewerbskommission aufgehoben (vgl. RPW 2014/3, S. 548 ff. bzw. 610 ff.). Nach den damaligen Feststellungen der WEKO hatten vier Händler von Fenster- und Türbeschlägen den Zeitpunkt und die Höhe von Preiserhöhungen untereinander abgesprochen (vgl. RPW 2010/4, S. 717 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht stellte in seinen Entscheiden dagegen “sachverhaltliche Lücken” in der Prüfung des Vorliegens einer Wettbewerbsabrede durch die WEKO fest und warf seiner Vorinstanz durchgehend eine mangelhafte bzw. unvollständige Beweisführung und Beweisbeschaffung vor. Der relevante Sachverhalt sei von der WEKO in den wesentlichen Aspekten nicht korrekt festgestellt worden.
Nach den Feststellungen des Bundesgerichtes hat es das Bundesverwaltungsgericht nun aber selber unterlassen, den relevanten Sachverhalt festzustellen. Das Sanktionsverfahren nach Art. 49a Abs. 1 KG sei ein Verwaltungsverfahren mit strafrechtsähnlichem Charakter, wobei dem Bundesverwaltungsgericht volle Kognition in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zukomme. Infolge dessen habe das Gericht fehlende rechtserhebliche Tatsachen grundsätzlich selber zu ermitteln und sämtliche damit zusammenhängenden Beweise zu erheben. Eine Rückweisung an die WEKO müsse aus verfahrensökonomischen Gründen die Ausnahme bleiben.
Im konkreten Fall seien keine Hindernisse bei der Beweisbeschaffung zu erkennen. Aufgrund der fehlenden Beweiserhebung sei es auch nicht angezeigt, in Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo von einer Sanktion abzusehen (E 2.2):
“Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (Würdigung des Gerichts) zu den einzelnen Sachverhaltselementen lassen vorab nicht erkennen, dass es diese Beweislücken nicht selber zu schliessen imstande wäre. So nennt es in Bezug auf Abreden keine besonderen Hindernisse bei der Beweisbeschaffung. Zu den von der WEKO aufgeführten Sachverhaltselementen bezüglich der abgestimmten Verhaltensweisen hat es sich sodann noch gar nicht geäussert. Unbehelflich ist jedenfalls, gestützt auf den Grundsatz in dubio pro reo von einer Sanktion abzusehen, solange nicht alle aus Sicht des urteilenden Gerichts notwendigen Beweise erhoben worden sind.”
Im Weiteren hielt das Bundesgericht fest, dass seine Vorinstanz auch materiell-rechtlich von unzutreffenden Prämissen ausgegangen sei. So etwa mit Bezug auf die Beurteilung einer möglichen Wettbewerbsabrede der Händler bei gleichzeitigen Preisvorgaben eines Herstellers (E 3.2):
“Die Vorinstanz hat sich bei Prüfung der Frage, ob eine Abrede vorliegt, nur auf die Vereinbarungen fokussiert und ist auf die von der WEKO als anwendbar betrachteten, aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen nicht näher eingegangen. Letztlich hat sie indes […] offen gelassen, ob eine Abrede vorliegt, wenngleich sie für das Vorhandensein einer Abrede i.S. einer Vereinbarung gewichtige Anhaltspunkte erkannt hat. Sie hat dabei insbesondere ausgeführt, dass unklar sei, ob die Preiserhöhung einzig auf das multilaterale Treffen oder aber auch auf ein Herstellerdiktat zurückzuführen sei. Eine Vereinbarung oder eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise wird jedoch nicht durch ein “Preisdiktat” der Hersteller ausgeschlossen. Massgebend ist alleine, ob die Beteiligten auf der gleichen Marktstufe eine Abrede getroffen haben, die Preise in bestimmter Höhe festzusetzen bzw. hier weiterzugeben.”
Schliesslich hat das Bundesgericht auch auf seine neue GABA-Rechtsprechung verwiesen. Das Bundesverwaltungsgericht war in seinen Urteilen — die allerdings vor dem GABA-Entscheid vom 28. Juni 2016 ergingen — noch davon ausgegangen, dass die Auswirkungen einer horizontalen Preisabrede auf den Wettbewerb geprüft werden müssen. Dies ist unter der GABA-Rechtsprechung des Bundesgerichtes, wonach Wettbewerbsabreden im Bereich der Vermutungstatbestände von Art. 5 Abs. 3 und 4 KG stets erheblich sind, nicht mehr erforderlich.
Weitere Informationen: Urteil 2C_1016/2014, Urteil 2C_1017/2014.