1C_137/2016: Zugang zu umstrittenen Personendaten / Beschwerdeführerin zu Unrecht nicht angehört (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil vom 27. Juni 2016 hat­te das BGer die Frage zu beurteilen, ob das Schweiz­erische Heilmit­telin­sti­tut Swissmedic (Swissmedic) dem Gesuch­steller B. Zugang zum Zulas­sungsentscheid für das Medika­ment C. und zu den entsprechen­den Zulas­sung­sun­ter­la­gen gewähren muss. Swissmedic entsprach dem Gesuch des B. fast voll­ständig,  ver­weigerte jedoch die Bekan­nt­gabe des Teils 1.4 des Com­mon Tech­ni­cal Doc­u­ment (CTD). Das CTD führt pro beteiligtem Firmen­ex­perten jew­eils auf Seite 1 dessen Namen und Vor­na­men, die Fir­ma und Adresse des Arbeit­ge­bers sowie eine datierte und unter­schriebene Erk­lärung gemäss der Richtlin­ie 2001/83/EG des Europäis­chen Par­la­ments und des Rates vom 6. Novem­ber 2001 zur Schaf­fung eines Gemein­schaft­skodex­es für Huma­narzneimit­tel auf und enthält dessen Lebenslauf. Die Ver­fü­gung von Swissmedic focht B. beim BVGer an, welch­es die Beschw­erde guthiess. Das BGer ist ander­er Ansicht und hebt das Urteil des BVGer auf.

Das BGer hält fest, dass sowohl das DSG (Bun­des­ge­setz über den Daten­schutz; SR 235.1) als auch das BGÖ (Bun­des­ge­setz über das Öffentlichkeit­sprinzip der Ver­wal­tung; SR 152.3) eine Aus­nah­mebes­tim­mung zum Öffentlichkeit­sprinzip vorse­he, wonach eine Abwä­gung vorzunehmen sei zwis­chen dem öffentlichen Inter­esse am Zugang zu amtlichen Doku­menten ein­er­seits und dem Schutz der Pri­vat­sphäre bzw. der infor­ma­tionellen Selb­st­bes­tim­mung jen­er Per­so­n­en, deren Dat­en im Doku­ment enthal­ten sind und zugänglich gemacht wer­den sollen andererseits.

Zur konkreten Vorge­hensweise sagt das BGer Folgendes:

In Anwen­dung des Öffentlichkeits­ge­set­zes ist bei der Gewährung des Zugangs zu einem amtlichen Doku­ment, das per­sön­liche Dat­en Drit­ter enthält, ein mehrstu­figes Ver­fahren zu durch­laufen. In einem ersten Schritt ist auf­grund ein­er grund­sät­zlich vor­läu­fi­gen Inter­essen­ab­wä­gung zu prüfen, ob eine Veröf­fentlichung des Doku­ments über­haupt in Betra­cht fällt oder auf­grund über­wiegen­der öffentlich­er oder pri­vater Inter­essen von vorn­here­in scheit­ert. Trifft let­zteres Szenario zu, hat es dabei sein Bewen­den. Wird indes die Möglichkeit ein­er Zugangs­gewährung bejaht, so sind in der Regel die betrof­fe­nen Drit­ten anzuhören, d.h. es ist ihnen die Gele­gen­heit einzuräu­men, ihre ein­er Pub­lika­tion ent­ge­gen ste­hen­den Inter­essen gel­tend zu machen (Art. 11 Abs. 1 BGÖ). Gestützt auf diese Stel­lung­nah­men ist die defin­i­tive Inter­essen­ab­wä­gung vorzunehmen und der eigentliche Entscheid über die Gewährung des Zugangs zum fraglichen Doku­ment zu fällen […] (E. 4.6.). 

Das BGer führt aus, dass an der Zugangs­gewährung ein öffentlich­es Inter­esse beste­he, da dadurch das Zulas­sungsver­fahren trans­par­enter werde, was wiederum eine Kon­trolle der Ver­wal­tungstätigkeit ermögliche. Zudem sei dem Unternehmen A. (Beschw­erde­führerin), welch­es das Medika­ment C. her­stellt, durch die Zulas­sung ein erhe­blich­er Wet­tbe­werb­svorteil erwach­sen, was zu einem gesteigerten Infor­ma­tions­bedürf­nis der Öffentlichkeit an der Schaf­fung von Trans­parenz führe. Auf der anderen Seite erscheine das pri­vate Inter­esse an der Geheimhal­tung der umstrit­te­nen Dat­en nicht beson­ders gewichtig.

Das BGer weist schliesslich darauf hin, dass das Anhörungsrecht nicht abso­lut gelte. Ein Abse­hen von der Anhörung falle allerd­ings nur aus­nahm­sweise in Betra­cht und bedürfe ein­er entsprechen­den Recht­fer­ti­gung. Da die Annahme des BVGer, wonach die Beschw­erde­führerin bere­its sämtliche wesentlichen pri­vat­en Inter­essen in das Ver­fahren einge­bracht habe, akten­widrig sei, könne im vor­liegen­den Ver­fahren nicht von ein­er Durch­führung des Kon­sul­ta­tionsver­fahrens abge­se­hen wer­den. Das BGer hebt das Urteil des BVGer deshalb auf und weist die Angele­gen­heit zu neuem Entscheid an die Vorin­stanz zurück.