Das Bundesgericht äusserte sich in diesem, in öffentlicher Beratung ergangenem Urteil erstmals zur Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Mieter eine Schadenersatzklage wegen vorgeschobenen Eigenbedarfs erheben kann, wenn er die Kündigung bereits erfolglos nach Art. 271 f. OR angefochten hat.
Hintergrund war die Kündigung einer Mietwohnung, welche die Vermieter (ein Ehepaar) mit Eigenbedarf begründeten, da deren Sohn die Wohnung mit seiner Familie beanspruche. Die Mieterin focht die Kündigung an und machte geltend, der Eigenbedarf sei als Kündigungsgrund vorgeschoben. In Wahrheit werde beabsichtigt, die Wohnung teurer weiterzuvermieten. Das Mietgericht gelangte zum Schluss, es sei den Vermietern insgesamt gelungen, den Kündigungsgrund Eigenbedarf glaubhaft zu machen. Demgemäss habe die Mieterin den Beweis, dass der Kündigungsgrund vorgeschoben gewesen sei, nicht erbringen können. Die Kündigung verstosse damit nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und sei gültig. Gestützt darauf stellte das Mietgericht in seinem Urteil unter anderem ausdrücklich fest, dass die Kündigung nicht missbräuchlich sei. Dieses Urteil blieb unangefochten. In der Folge verstarb einer der Vermieter.
Rund 10 Monate später gelangte die Mieterin erneut an die Schlichtungsbehörde und verlangte vom überlebenden Vermieter Schadenersatz, unter anderem für Umzugskosten und die Mietzinsdifferenz zwischen dem letzten Mietzins für das Mietobjekt und ihrem aktuellen Mietzins. Zur Begründung machte die Mieterin geltend, der Eigenbedarf der Vermieter sei vorgeschoben gewesen. Das Mietgericht hies die Klage teilweise gut. Der Vermieter erhob Berufung und machte unter anderem geltend, das Mietgericht hätte die Schadenersatzklage nicht gutheissen dürfen, nachdem es bereits die Klage der Mieterin auf Anfechtung der Kündigung abgewiesen und rechtskräftig festgestellt habe, dass die Kündigung rechtmässig sei. Das Obergericht wies die Berufung ab, mit der Begründung, “in Würdigung aller im Kontext des Kündigungsschutzverfahrens und nach dessen Abschluss bekannt gewordenen Umstände” erweise sich der geltend gemachte Eigenbedarf als vorgeschoben und nicht als nachträglich dahingefallen. Es bejahte daher die Schadenersatzpflicht des Vermieters.
Das Bundesgericht hob auf Beschwerde hin das Urteil des Obergerichts auf und wies die Klage der Mieterin ab. Es wies darauf hin, dass die Abweisung einer Gestaltungsklage, wie die Kündigungsanfechtung gemäss Art. 271 f. OR eine ist, bedeute, dass das Nichtbestehen eines Gestaltungsgrundes festgestellt werde und diese Feststellung in Rechtskraft erwachse. Bezogen auf die Kündigungsanfechtung bedeute dies, dass das Vorliegen des Anfechtungsgrundes mit der Klageabweisung rechtskräftig verneint sei und diese Frage in einem späteren Prozess nicht neu beurteilt werden könne (E. 5.2). Die Feststellung des Mietgerichts im ersten Urteil, wo ausdrücklich festgestellt worden sei, dass die Kündigung der Mietwohnung nicht missbräuchlich sei, binde das Gericht im zweiten Prozess, wenn im Rahmen einer Klage auf Schadenersatz erneut geltend gemacht werde, die Kündigung verstosse gegen Treu und Glauben. Die Auffassung der Vorinstanz und der Mieterin, wonach beim Kündigungsschutzverfahren und im Schadenersatzprozess “zwei verschiedene Streitfragen eines Lebenssachverhalts” zu beurteilen seien, treffe nicht zu: Im Schadenersatzprozess sei wie bereits im Anfechtungsverfahren zu entscheiden, ob der Eigenbedarf der Vermieter im Zeitpunkt der Kündigung vorgelegen habe oder ob dieser Kündigungsgrund vorgeschoben war. Indem das Obergericht dieselbe Frage erneut beurteilte und dabei insbesondere die Beweismittel nochmals frei würdigte, die bereits im Anfechtungsverfahren berücksichtigt worden waren, hätte es sich über die Rechtskraftwirkung des Urteils hinweggesetzt (E. 5.3). Die Rechtskraft des ersten Urteils des Mietgerichts könne ausschliesslich mittels formeller Revision (Art. 328–333 ZPO) beseitigt werden (E. 5.4).
Offen liess das Bundesgericht bei diesem Ausgang die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Mieter allgemein dazu berechtigt ist, vom Vermieter wegen einer treuwidrigen Kündigung Schadenersatz zu verlangen.