Im zur amtlichen Publikation vorgesehenen Urteil 8C_463/2021 vom 9. November 2021 beurteilte das Bundesgericht den Anspruchsbeginn eines Fussballclubs auf Kurzarbeitsentschädigung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie unter Überprüfung der diesbezüglich erlassenen Weisungen des SECO.
Zusammengefasst lag dem Urteil folgender Sachverhalt zugrunde: Der Fussballclub A AG (Beschwerdeführerin) habe am 24. März 2020 (Datum der Postaufgabe) eine Voranmeldung für Kurzarbeit für den gesamten Betrieb im Zeitraum vom 14. März bis 30. Juni 2020 eingereicht. Die Kurzarbeitsentschädigung sei gewährt worden, jedoch nicht ab dem verlangten Beginn. Die Vorinstanz habe den Beginn des Anspruchs auf den 17. März 2020 festgesetzt.
Dazu erwog das Bundesgericht, dass der Bundesrat am 28. Februar 2020 Massnahmen in einer besonderen Lage nach Art. 6 Abs. 2 lit. b EpG und in der Folge am 13. März 2020 die COVID-19-Verordnung 2 erlassen habe (E. 3.2). Am 16. März 2020 habe er die Situation als ausserordentliche Lage gemäss Art. 7 EpG eingestuft und gestützt auf diese rechtliche Grundlage Veranstaltungen, einschliesslich Sportveranstaltungen und Vereinsaktivitäten ab dem 17. März 2020 verboten (Lockdown).
Im Rahmen der weiteren Massnahmen habe der Bundesrat in Bezug auf die Kurzarbeit Erleichterungen eingeführt und unter anderem die Anspruchsgruppen ausgeweitet. In der Folge habe der Bundesrat zudem die Möglichkeit einer telefonischen Voranmeldung ohne Abwarten einer Voranmeldefrist eingeführt. In der Fassung vom 9. April 2020 habe der Bundesrat schliesslich beschlossen, dass die COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung einschliesslich der bisher ergangenen Änderungen rückwirkend per 1. März 2020 in Kraft gesetzt werde. Die Aufhebung der Voranmeldefrist habe beabsichtigt, Hürden der Kurzarbeitsentschädigung abzubauen, Entlassungen zu vermeiden sowie die Liquidität der Unternehmen zu verbessern, indem Arbeitnehmer bereits ab dem Tag der Voranmeldung resp. der Schliessung des Betriebs anspruchsberechtigt seien (E. 3.3).
Zwecks einheitlicher Rechtsanwendung habe das SECO an die Durchführungsstellen gerichtete Verwaltungsweisungen erlassen, insbesondere die Weisung 2020/06 vom 9. April 2020. Darin sei zunächst der Wegfall der Voranmeldefrist erwähnt und des Weiteren festgehalten worden, dass bei verspätet eingereichten Anträgen das Eingangsdatum auf den 17. März 2020 festgesetzt werde, wenn der Betrieb aufgrund der behördlichen Massnahmen habe schliessen müssen und der Antrag vor dem 31. März 2020 (Eingangsdatum/Poststempel) eingereicht worden sei. In Weisung 2020/10 vom 22. Juli 2020 sei dies dahingehend präzisiert worden, dass beispielsweise bei einem Skigebiet der 13. März 2020 als Eingangsdatum gesetzt werde (in Abweichung zum Regelfall 17. März 2020) und auch ein rückwirkender Antrag möglich sei, falls bisher für den Vormonat einzig aus dem Grund, dass weitere Anspruchsgruppen erst zu einem späteren Zeitpunkt neu zu den Berechtigten zählten, keine Kurzarbeitsentschädigung beantragt worden sei (E. 3.4).
Gemäss Bundesgericht habe die Vorinstanz erwogen, grundsätzlich könne der Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung auch im Zusammenhang mit der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung erst ab Anmeldung, somit ex nunc, entstehen. Infolge der kurzfristigen Einführung der Schliessungen sowie der weiteren Einschränkungen, hätten allerdings die neu anspruchsberechtigten Betriebe eine Anmeldung unter Einhaltung der sonst geltenden Voranmeldefrist gar nicht umsetzen können (E. 4.1). Die dadurch entstehende Konsequenz, dass Arbeitgebende resp. ihre Mitarbeitenden eines Teils ihrer Kurzarbeitsentschädigung verlustig gehen würden, weil eine rechtzeitige Anmeldung infolge fehlender Anspruchsberechtigung noch gar nicht möglich gewesen sei, widerspreche offensichtlich der bundesrätlichen Intention. Es habe demnach gemäss der Vorinstanz möglich sein müssen, während einer angemessenen Nachfrist Ansprüche auch rückwirkend geltend zu machen:
Das SECO habe dieses Problem dahingehend gelöst, dass es unter bestimmten Voraussetzungen für verspätete Anmeldungen die Fiktion eines Gesuchseingangs am 17. März 2020 aufgestellt habe (vgl. E. 3.4 hiervor). Diese Weisung verletze kein Bundesrecht. Vielmehr biete sie eine praktikable, leicht umsetzbare und landesweit einheitliche Regelung, um das vorgenannte Ziel der bundesrätlichen Verordnung umzusetzen. Sie lasse eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren Verordnungsbestimmungen zu.
Dieser Beurteilung der Vorinstanz könne gefolgt werden, so das Bundesgericht (E. 4.3). Obwohl sich Verwaltungsweisungen grundsätzlich nur an die Durchführungsstellen richten würden und für das Sozialversicherungsgericht nicht verbindlich seien, berücksichtige das Gericht diese Weisungen insbesondere dann und weiche nicht ohne triftigen Grund davon ab, wenn sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen und eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben enthalten würden (E. 4.2). Jedoch dürften keine über Gesetz und Verordnung hinausgehenden Einschränkungen eines materiellen Rechtsanspruchs eingeführt werden.
Vorliegend, so das Bundesgericht, bestehe kein Anlass, von der Regelung in den Weisungen des SECO abzuweichen, wonach bei bis zum 31. März 2020 eingereichten Anträgen eine rückwirkende Voranmeldung (fiktives Eingangsdatum) möglich sei. Dass damit eine über die Verordnung hinausgehende Einschränkung eines materiellen Rechtsanspruchs eingeführt worden wäre, mache die Beschwerdeführerin indessen zu Recht nicht geltend (E. 4.3 f. mit weiteren Hinweisen).
In Bezug auf die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Betriebsschliessung bereits ab 13. März 2020 erwog das Bundesgericht, dass diese die Voranmeldung für Kurzarbeit vom 14. März bis 30. Juni 2020 am 24. März 2020 eingereicht habe weshalb diese grundsätzlich verspätet erfolgt sei (E. 6.1). In Anwendung der Weisungen des SECO habe die Vorinstanz den Beginn des Anspruchs rückwirkend auf den 17. März 2020 festgesetzt. In Frage stehe, ob der Anspruch gemäss der Argumentation der Beschwerdeführerin bereits mit dem Zeitpunkt der faktischen Schliessung ihres Betriebs beginne, mithin ab dem 13. März 2020 mit der Einführung des Verbots öffentlicher oder privater Veranstaltungen ab 100 Personen und der Anordnung, dass für Veranstaltungen unter 100 Personen bestimmte Präventionsmassnahmen einzuhalten seien.
Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin, so das Bundesgericht, sei mit der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung nicht generell auf das Erfordernis einer Voranmeldung verzichtet worden. Weitere sehe die COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung gerade keinen rückwirkenden Beginn der Kurzarbeit vor. Indessen könne gemäss Weisung des SECO 2020/10 für verspätete Anträge mit Einreichung bis spätestens 31. März 2020, die sich auf Betriebsschliessungen beziehen, ein fiktives Eingangsdatum auf den Beginn der behördlichen Massnahmen festgesetzt werden (E. 6.3). In der Regel sei dies der 17. März 2020, bei Skigebieten ausnahmsweise der 13. März 2020, da diese, so das Bundesgericht, vom BAG mit Medienmitteilung vom 14. März 2020 zur umgehenden Schliessung aufgefordert worden seien (E. 6.4). In Bezug auf den Betrieb der Beschwerdeführerin als Organisatorin und Leiterin eines professionellen Fussbalbetriebs könne der Entscheid der Swiss Football League vom 13. März 2020, den Betrieb bis auf Weiteres auszusetzen, hingegen nicht als behördliche Massnahme im Sinne der Weisungen des SECO betrachtet werden. Da die Anmeldung jedoch unbestrittenermassen vor dem 31. März 2020 eingereicht worden sei, sei der Beginn des Anspruchs auf Kurzarbeitsentschädigung der Beschwerdeführerin richtigerweise auf den 17. März 2020 festzusetzen (E. 6.4).
Jedenfalls könne die Beschwerdeführerin aus der Sonderregelung für Skigebiete nicht ableiten, dass der Beginn der Kurzarbeit auf den Zeitpunkt der “faktischen Betriebschliessung” festzusetzen sei (E. 6.4). Weiter erwog das Bundesgericht, dass ein bestimmter Stichtag wie der 17. März 2020 viel eher Gewähr biete für eine schnelle und unbürokratische Hilfe für die Arbeitgebenden als eine Einzelfallbeurteilung, wie von der Beschwerdeführerin gefordert (E. 6.5). Ebenso entspräche es auch dem Grundsatz der Gleichbehandlung, so das Bundesgericht weiter, wenn der Beginn der Kurzarbeit auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Betriebsschliessung abgestellt werde, was im Regelfall der 17. März 2020 sei (E. 6.6).