Im zur amtlichen Publikation vorgesehenen Urteil vom 8. November 2022 beschäftigte sich das BGer mit dem Arealplan “Bahnhof”. Dieser wurde vom Gemeindevorstand der Gemeinde Samedan an seiner Sitzung vom 19. November 2018 beschlossen. Gegen den Beschluss gelangten mehrere Personen an den Regierungsrat und dann an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Schliesslich wurde eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten platziert, welche vom BGer gutgeheissen wird.
Die Beschwerdeführer rügen primär, dass der Arealplan “Bahnhof” Art. 2 Abs. 1 RPG (Raumplanungsgesetz; SR 700) verletze, indem er stark von der Grundordnung abweiche. Das BGer ruft zunächst seine Rechtsprechung zum Verhältnis von Sondernutzungsplan und Grundordnung in Erinnerung:
Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf mit einem Sondernutzungsplan von der Grundordnung abgewichen werden, soweit diese Abweichungen nicht dazu führen, die planerisch und demokratisch abgestützte Grundordnung ihres Sinngehalts zu entleeren […]. Viele Kantone haben diese Anforderung an Sondernutzungspläne in ihrem Recht konkretisiert und Kriterien festgelegt, an welchen die Zulässigkeit von Abweichungen von der Grundordnung zu messen ist […]. Die Zulässigkeit von Abweichungen ergibt sich daher häufig aus dem kantonalen Recht, dessen Anwendung das Bundesgericht bloss auf Willkür prüft […]. Die Kantone sind indes — wie einleitend bemerkt — nicht frei, beliebig grosse Abweichungen von der Grundordnung zuzulassen. Diesbezüglich hat das Bundesgericht verschiedentlich festgehalten, dass die Nutzungsplanung grundsätzlich aus einer Gesamtsicht der raumbedeutsamen Belange heraus erfolgen muss. Insbesondere ist zur Planung der Entwicklung der Bautätigkeit ein planerisches Gesamtkonzept erforderlich. Der unkoordinierte Erlass von Sondernutzungsordnungen für Teile des Gemeindegebiets widerspricht der Planungspflicht von Art. 2 Abs. 1 RPG […]. Sondernutzungspläne, welche die Grundordnung in wesentlichen Teilen ausser Kraft setzen, sind grundsätzlich unzulässig […]. (Erw. 3.3.)
Sodann führt das BGer aus, dass die vom Arealplan “Bahnhof” vorgesehenen Abweichungen von der Grundordnung massiv und damit geeignet seien, den Charakter der geplanten Flächen augenfällig und grundlegend zu verändern:
Die im EG und im 1. OG nach Arealplan zugelassene Gebäudelänge von 90 m übertrifft alle übrigen im Baugesetz ausdrücklich genannten maximal zulässigen Gebäudelängen, insbesondere die 40 m, die in der am ehesten mit der vorgesehenen Nutzungsart vergleichbaren Mischzone “Gewerbe- und Wohnzone” erlaubt sind. Es ist nicht ersichtlich, wie sich eine solche Abweichung noch derart in die Grundordnung einfügen könnte, dass diese nicht als ihres Gehalts entleert erscheinen würde. (Erw. 4.5.)
In der Folge hebt das BGer das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden und damit den Arealplan “Bahnhof” vom 19. November 2018 auf.