Im zur amtlichen Publikation vorgesehenen Urteil vom 27. April 2022 beschäftigte sich das Bundesgericht mit dem in Rotkreuz gelegenen Hof Oberfreudenberg. Im April 2019 reichten die Eigentümer des Hofs ein “Gesamtkonzept Oberfreudenberg und Freudenberg” und drei darauf basierende Baugesuche ein. Die Baugesuche beinhalteten den Ausbau der bestehenden Pferdehaltung (Baugesuch “Pferdehaltung”), die Umnutzung und den Ausbau bestehender Ökonomiebauten zu Pferdestallungen (Baugesuch “Ökonomiebauten”) sowie den Anbau einer Traktorengarage/Werkstatt (Baugesuch “Traktorengarage”). Gegen alle drei Baugesuche gingen Einsprachen ein, welche der Gemeinderat abwies. Betreffend das Baugesuch “Ökonomiebauten” erachtete der Gemeinderat die Einsprachelegitimation als nicht gegeben. Die Baubewilligungen “Pferdehaltung” und “Traktorengarage” zogen die Einsprecher vor das Verwaltungsgericht des Kantons Zug. Die fehlende Einsprachelegitimation in Bezug auf das Baugesuch “Ökonomiebauten” wurde von den Einsprechern hingegen akzeptiert. Mit Zwischenverfügung hielt das Verwaltungsgericht fest, dass die Baubewilligung “Ökonomiebauten” nicht angefochten worden sei, weshalb die baulichen Massnahmen ausgeführt werden könnten. Die Beschwerden gegen die beiden anderen Baubewilligungen wies das Verwaltungsgericht ab. In der Folge gelangte das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) an das BGer und beantragte die Aufhebung aller drei Baubewilligungen.
Im Zentrum des Bundesgerichtsurteils steht die Frage, ob das ARE befugt war, den Entscheid des Gemeinderats zum Baugesuch “Ökonomiebaute” anzufechten, obwohl der Entscheid vom Verwaltungsgericht nicht überprüft wurde. Das BGer führt aus, dass eine Koordination stattgefunden habe, weil der Gemeinderat (und die Baudirektion des Kantons Zug) über die drei gleichzeitig eingereichten Baugesuche gleichzeitig entschieden habe. Es kommt dann aber zu folgendem Zwischenfazit:
[…] [D]en Einsprechern [wurde] in Bezug auf das Baugesuch betreffend den Standort Freudenberg die Einsprachelegitimation abgesprochen und blieb die entsprechende Baubewilligung in der Folge unangefochten, worauf das Verwaltungsgericht sie in formeller Hinsicht nicht mehr zum Anfechtungsobjekt zählte. Die isolierte Beurteilung der Rechtsmittellegitimation hat vorliegend somit dazu geführt, dass ein Teil der materiell zu koordinierenden Bauvorhaben (jene am Standort Freudenberg) — aus rein verfahrensrechtlichen Gründen — abgetrennt wurde, was die gesamthafte Prüfung und die Interessenabwägung, mithin die inhaltliche Abstimmung im Sinne von Art. 25a Abs. 2 lit. d RPG, durch die Rechtsmittelinstanzen beeinträchtigte. Dies ist weder mit dem Koordinationsgebot gemäss Art. 25a i.V.m. Art. 33 Abs. 4 RPG noch mit dem Prinzip des Vorrangs des Bundesrechts gemäss Art. 49 BV vereinbar.” (Erw. 1.5.2.)
Ein Nichteintreten auf die Beschwerde des ARE gegen die Baubewilligung “Ökonomiebaute” würde — so das BGer — die Aufsichtsfunktion des ARE vereiteln. Das BGer beurteilt die drei Baubewilligungen folglich auch materiell.
Materiell kritisiert das BGer die Baubewilligungen in mehrerer Hinsicht (Allwetterausläufe übersteigen die empfohlene Auslauffläche; Allwetterausläufe und Führanlage sind vorrangig auf bereits befestigten Flächen zu errichten; Kurse für Kinder können nicht in der Landwirtschaftszone bewilligt werden; Bauten und Anlagen für die Unterbringung und Pflege von Pferden sind auf das Notwendige zu beschränken; als Werkstatt müssen vorrangig die bestehenden Ökonomiebauten verwendet werden). Das BGer heisst die Beschwerde in der Folge teilweise gut und weist die Sache an die Baudirektion des Kantons Zug zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen zurück.