2C_582/2016: Submission — Unzulässige Quersubventionierung bei einem staatlichen Anbieter (amtl. Publ.)

Gegen­stand dieses Urteils bildete das offene Ver­gabev­er­fahren, in welchem das BAKOM einen Auf­trag für die Analyse des Online-Ange­bots der SRG aus­geschrieben hat­te. Die Uni­ver­sität Zürich sowie die A. AG reicht­en je ein Ange­bot ein. Da das Ange­bot der Uni­ver­sität Zürich bess­er bew­ertet wurde, erteilte das BAKOM ihr den Zuschlag. Die A. AG erhob gegen den Zuschlag Beschw­erde an das Bun­desver­wal­tungs­gericht, welch­es die Beschw­erde mit Urteil vom 13. April 2016 guthiess und die Sache zur Prü­fung, ob die Uni­ver­sität Zürich wegen Ver­let­zung ver­gaberechtlich­er Grund­sätze vom Ver­fahren auszuschliessen ist, an das BAKOM zurück­wies (Prozess-Nr. B‑3797/2015). Das UVEK, vertreten durch das BAKOM, erhob gegen dieses Urteil Beschw­erde in öffentlich-rechtlichen Angele­gen­heit­en an das Bun­des­gericht, welch­es das Urteil des Bun­desver­wal­tungs­gerichts stützte.

Vom Bun­des­gericht zu klären war die Frage, ob die Ein­hal­tung des ver­fas­sungsrechtlichen Grund­satzes der Wet­tbe­werb­sneu­tral­ität staatlichen Han­delns zu den ver­gaberechtlichen Grund­sätzen gehört, deren Nicht-Ein­hal­tung zum Auss­chluss der Bewer­berin im Ver­gabev­er­fahren führen kann bzw. muss. Die A. AG warf der Uni­ver­sität Zürich vor, ihre Dien­stleis­tun­gen mit Steuergeldern quer­sub­ven­tion­iert, mithin kein kos­ten­deck­endes Ange­bot abgegeben und dadurch den Wet­tbe­werb verz­er­rt zu haben. Das UVEK hielt dage­gen, dass uner­wün­schte Quer­sub­ven­tion­ierun­gen durch die kan­tonalen Erlasse, das UWG oder allen­falls das KG und nicht mit Mit­teln des öffentlichen Beschaf­fungsrechts zu ver­mei­den seien. Dass die Wet­tbe­werb­sneu­tral­ität staatlichen Han­delns im Rah­men eines Ver­gabev­er­fahren zu prüfen sei, finde in der geset­zlichen Regelung keine Stütze und sprenge den Rah­men des Beschaffungsrechts.

Das Bun­des­gericht erin­nerte zunächst daran, dass sich der Grund­satz der Wet­tbe­werb­sneu­tral­ität aus Art. 27 BV und Art. 94 BV ergibt und den Staat verpflichtet, in sein­er pri­vatwirtschaftlichen Tätigkeit wet­tbe­werb­sneu­tral zu han­deln, d.h. den gle­ichen Wet­tbe­werb­s­be­din­gun­gen unter­wor­fen zu sein wie ein entsprechen­des pri­vates Unternehmen (E. 4.2 und E. 4.3).

Gestützt auf die Ausle­gung von Art. 11 BöB kam das Bun­des­gericht sodann zum Schluss, dass die Ver­let­zung des Grund­satzes der Wet­tbe­werb­sneu­tral­ität durch einen Anbi­eter mit staatlichem Hin­ter­grund einen Auss­chlusstatbe­stand im Sinne dieser Bes­tim­mung darstellen könne. Dabei erwog es:

  • Die gram­matikalis­che Ausle­gung von Art. 11 BöB mache durch die Ver­wen­dung des Worts “ins­beson­dere” deut­lich, dass die Aufzäh­lung der Auss­chlussgründe in Art. 11 BöB nicht abschliessend sei (E. 4.4).
  • Das his­torische Ausle­gungse­le­ment erachtete das Bun­des­gericht als wenig auf­schlussre­ich. Die Botschaft ver­weise auf schw­er­wiegende Gründe, die im Gesetz aufge­führt seien und einen Auss­chluss recht­fer­ti­gen kön­nten (E. 4.4.1).
  • In tele­ol­o­gis­ch­er Hin­sicht seien primär die geset­zlich und staatsver­traglich fest­ge­set­zten Ziele des öffentlichen Beschaf­fungsrechts zu berück­sichti­gen. Dabei erwog das Bun­des­gericht, dass der Grund­satz der Wet­tbe­werb­sneu­tral­ität eng mit der Erre­ichung wichtiger Zielset­zun­gen des Beschaf­fungsrechts (Stärkung des Wet­tbe­werbs, Wirtschaftlichkeit und Gle­ich­be­hand­lung der Anbi­eter) ver­bun­den sei. Die Beach­tung dieses Grund­satzes obliege dabei in erster Lin­ie der Ver­gabestelle (E. 4.4.2).
  • In Verbindung mit ein­er sys­tem­a­tis­chen Ausle­gung der geset­zlichen Auss­chlusstatbestände ergebe sich, dass ein staatlich­er Anbi­eter vom Ver­gabev­er­fahren auszuschliessen sei, falls er sich sein­er­seits nicht an den Grund­satz der Wet­tbe­werb­sneu­tral­ität halte. Dies obschon sich der Zuschlag an einen staatlichen Anbi­eter, der gegen diesen Grund­satz ver­stösst, lediglich mit­tel­bar wet­tbe­werb­sverz­er­rend auswirke (was auch bei ver­schiede­nen, geset­zlich aus­drück­lich geregel­ten Auss­chlusstatbestän­den der Fall sei). Nicht gefol­gt wer­den könne der Argu­men­ta­tion des UVEK. Zwar sei es nicht Auf­gabe des Beschaf­fungsrechts, die Ein­hal­tung des UWG und des KG sicherzustellen. Dies schliesse indessen nicht aus, dass gewisse Sachver­halte neben ein­er kartell- oder lauterkeit­srechtlichen auch eine beschaf­fungsrechtliche Rel­e­vanz aufweisen (E. 4.4.3).

Ein staatlich­er Anbi­eter, dessen Offerte gegen den Grund­satz der Wet­tbe­werb­sneu­tral­ität ver­stosse (namentlich indem sie auf ein­er unzuläs­si­gen Quer­sub­ven­tion­ierung beruhe), müsse deshalb aus­geschlossen wer­den. Anders müsste entsch­ieden wer­den, wenn der Fehlbe­trag des staatlichen Unterange­bots nicht auf unzuläs­sige Weise mit Steuer­mit­teln oder Erträ­gen aus dem Monopol­bere­ich, son­dern etwa mit dem Erlös aus der (son­sti­gen) pri­vatwirtschaftlichen Tätigkeit gedeckt werde. Das­selbe gelte, wenn die Offerte von recht­mäs­sig aus­gerichteten staatlichen Sub­ven­tio­nen (mit-)beeinflusst sei (E. 4.5). Da dieser Auss­chlussgrund der Erre­ichung zen­traler ver­gaberechtlich­er Zielset­zun­gen diene, beste­he für die Ver­gabebe­hörde wenig Spiel­raum, von einem Ver­fahren­sauss­chluss abzuse­hen. Ein Auss­chluss sei dann nicht ver­hält­nis­mäs­sig, wenn eine an sich unzuläs­sige Quer­sub­ven­tion­ierung am Aus­gang des Ver­gabev­er­fahrens nichts ändere (E. 4.6).

Schliesslich bestätigte das Bun­des­gericht, dass die Ver­gabestelle eine Abklärungs- bzw. Unter­suchungspflicht tre­ffe, falls sich im Ver­gabev­er­fahren konkrete Anhalt­spunk­te für einen Ver­stoss gegen den Grund­satz der Wet­tbe­werb­sneu­tral­ität ergeben wür­den. Eine solche Pflicht ergebe sich indessen nicht, wie das Bun­desver­wal­tungs­gericht entsch­ieden hat­te, aus Art. 25 Abs. 4 VöB, son­dern aus der Grun­drechts­bindung der Ver­gabebe­hörde (Art. 35 Abs. 2 i.V.m. Art. 27 BV) sowie aus dem Grund­satz der Recht­san­wen­dung von Amtes wegen und der Unter­suchungs­maxime (Art. 12 VwVG) (E. 5).

In casu ging gemäss Bun­des­gericht gestützt auf die verbindlichen Fest­stel­lun­gen des Bun­desver­wal­tungs­gericht aus der Preiskalku­la­tion der Uni­ver­sität Zürich her­vor, dass deren Ange­bot nicht kos­ten­deck­end war, da der Aufwand des Pro­jek­tver­ant­wortlichen nicht zu den Pro­jek­tkosten gerech­net wurde. Es lagen mithin genü­gend Anhalt­spunk­te dafür vor, dass die Uni­ver­sität Zürich mit ihrer Offerte den Grund­satz der Wet­tbe­werb­sneu­tral­ität ver­let­zt haben kön­nte. Das BAKOM wäre deshalb verpflichtet gewe­sen, nähere Abklärun­gen zu tre­f­fen (E. 6).