1C_659/2024: Gehörsverletzungen im Baubewilligungsverfahren

Im Entscheid 1C_659/2024 vom 23. Okto­ber 2025 äussert sich das Bun­des­gericht zu den Fol­gen ver­schieden­er Gehörsver­let­zun­gen im Baubewilligungsverfahren.

Sachver­halt

Der Beschw­erde­führer ist Eigen­tümer zweier Parzellen in der Gemeinde Dal­len­wil (NW), welche sich in der Land­wirtschaft­szone befind­en. Auf einem dieser Grund­stücke wur­den diverse Arbeit­en ohne Baube­wil­li­gung aus­ge­führt (Naturste­in­stütz­mauer mit Gelän­dean­pas­sung; Brennholzunterstand).

Ein nachträglich­es Bauge­such wurde vom Gemein­der­at im Jan­u­ar 2023 – gestützt auf den neg­a­tiv­en Gesamt­be­wil­li­gungsentscheid vom 22. Sep­tem­ber 2021 der kan­tonalen Baudi­rek­tion – abgewiesen und gle­ichzeit­ig der Rück­bau ange­ord­net. Der Regierungsrat schützte den ange­focht­e­nen Entscheid, set­zte allerd­ings von Amtes wegen eine län­gere Wieder­her­stel­lungs­frist von sechs Monat­en an. Eine gegen den Regierungsrats­beschluss gerichtete Beschw­erde wies das Ver­wal­tungs­gericht des Kan­tons Nid­walden ab. Gegen diesen Entscheid gelangte der Beschw­erde­führer ans Bundesgericht.

Stre­it­ig war die Ver­weigerung ein­er nachträglichen Baube­wil­li­gung, mit der zugle­ich der Rück­bau ange­ord­net wurde. Der Beschw­erde­führer beantragte zudem — unab­hängig vom Aus­gang der Sache — eine abwe­ichende Kosten- und Entschädi­gungsregelung auf­grund ein­er Gehörsverletzung.

Gehörsver­let­zung – Begründungspflicht 

Der Beschw­erde­führer rügte eine Ver­let­zung des Anspruchs auf rechtlich­es Gehör, da sich der Gemein­der­at in seinem Entscheid nicht zur Ver­hält­nis­mäs­sigkeit der Wieder­her­stel­lungsanord­nung geäussert habe. Das Bun­des­gericht stellte in diesem Zusam­men­hang fest, dass der Umstand, dass der Gemein­der­at es unter­lassen hat, die Ver­hält­nis­mäs­sigkeit der Wieder­her­stel­lungsanord­nung zu begrün­den, eine Gehörsver­let­zung darstelle. Allerd­ings sei die Ver­let­zung der Begrün­dungspflicht durch den Regierungsrat geheilt wor­den: Mit dem ein­lässlich begrün­de­ten Entscheid des Regierungsrats, der mit voller Kog­ni­tion entsch­ied, sei der Begrün­dungs­man­gel kor­rigiert wor­den. Dafür reichte aus, dass sich der Regierungsrat mit den für den Entscheid wesentlichen Punk­ten auseinan­der­set­zte (E. 3.2).

Gehörsver­let­zung – Informationspflicht 

Recht gab das Bun­des­gericht dem Beschw­erde­führer hinge­gen bei sein­er Rüge, dass er nicht rechtzeit­ig vom Gemein­der­at über den Gesamt­baube­wil­li­gungsentscheid informiert wor­den und somit mit unnöti­gen Kosten belastet wor­den sei: Am 19. Okto­ber 2021 habe eine Eini­gungsver­hand­lung samt Augen­schein stattge­fun­den – also rund einen Monat nach­dem die Gesamt­baube­wil­li­gung neg­a­tiv aus­ge­fall­en war. Im Nach­gang habe man sich auf Begrü­nungslau­fla­gen geeinigt und ein entsprechen­des Konzept aus­ge­han­delt. Die damit ver­bun­de­nen Kosten, die dem Beschw­erde­führer durch die anwaltliche Vertre­tung anfie­len, hät­ten, so das Bun­des­gericht, ver­mieden wer­den kön­nen, zumal das Schick­sal des Bauge­suchs mit dem kan­tonalen Entscheid vom 22. Sep­tem­ber 2021 bere­its besiegelt gewe­sen sei. Dieser Umstand – der auf der aus dem Gehör­sanspruch fliessenden Ori­en­tierungspflicht basiert – hätte, so das Bun­des­gericht, bei der Kosten- und Entschädi­gungs­folge berück­sichtigt wer­den müssen (E. 3.3).

Ergeb­nis

In materiell-rechtlich­er Hin­sicht gab das Bun­des­gericht der Vorin­stanz recht, dass ein nachträglich­es Bauge­such zu Recht abgewiesen und der Rück­bau ange­ord­net wor­den seien (E. 4 und 5).

Betr­e­f­fend die Kosten führte das Bun­des­gericht aus, dass der kan­tonalen Behörde bei der Beurteilung, in welchem Umfang ein Ver­fahrens­fehler bei den Kosten­fol­gen berück­sichtigt werde, ein weit­er Ermessensspiel­raum zuste­he. Werde der Ver­fahrens­fehler — wie hier — aber über­haupt nicht berück­sichtigt, sei die entsprechende Ermessen­sausübung willkür­lich im Sinne von Art. 9 BV (E. 6.3 mit Hin­weis auf Urteile 1C_254/2017 vom 5. Jan­u­ar 2018 E. 3.2 und 1C_ 41/2014 vom 24. Juli 2014 E. 7.4). Die unterbliebene Ori­en­tierung über den neg­a­tiv­en Gesamt­be­wil­li­gungsentscheid begründe wie dargelegt eine Gehörsver­let­zung (vgl. vorne E. 3.3): Der Gemein­der­at habe es in treuwidriger Weise unter­lassen, den Beschw­erde­führer von unnützem Anwalt­saufwand abzuhal­ten. Die Vorin­stanz habe die Kosten­folge deshalb nochmals näher zu prüfen (E. 6.4).

Die Beschw­erde wurde hin­sichtlich der Kosten- und Entschädi­gungs­fol­gen gutzuheis­sen, in der Haupt­sache abgewiesen.