5C.30/2006: Notwegrecht gegen Treu und Glauben (amtl. Publ.)

Das BGer hat eine Beru­fung gegen ein Urteil des KGer VS in einem Stre­it um ein Wegrecht abgewiesen.

Der Beru­fungskläger bewohnt sein eigenes Haus auf ein­er Parzelle, die von zwei Seit­en zugänglich ist, wobei der Zugang mit Autos nur von ein­er Seite aus möglich ist. Für diesen Zugang liess der Kläger eine Zufahrtsstrasse auch über das Grund­stück von Drit­ten bauen, allerd­ings ohne deren Ein­ver­ständ­nis. Auf Klage hin erg­ing das Urteil, den Zufahrtsweg zu ent­fer­nen. Die Widerk­lage auf Ein­räu­mung eines Notwe­grechts (ZGB 694) wurde abgewiesen. 

Das BGer anerken­nt hier die Ansicht der Lehre, wonach der Grun­deigen­tümer gegen Treu und Glauben ver­stösst, wenn er einen Zugang über ein fremdes Grund­stück in Anspruch nimmt, obwohl er die Not­si­t­u­a­tion selb­st ver­schuldet, geduldet oder sich damit abge­fun­den hat oder son­st gegen den Grund­satz des guten Glaubens (so das BGer) ver­stösst. Dies gilt allerd­ings nur bei vorsät­zlichem Handeln.

Im vor­liegen­den Fall hat­te sich der Kläger selb­st in die Not­si­t­u­a­tion gebracht, indem er durch mehrere Teilun­gen, Veräusserun­gen und Zusam­men­le­gun­gen um einen aus­re­ichen­den Zugang gebracht hat­te. Weil er sich einen (aber eben unzure­ichen­den) Zugang vor­be­hal­ten hat­te, war klar, dass er sich der Schwierigkeit­en des Zugangs bewusst war. Die Beru­fung war daher abzuweisen.