Andrew McKim, Eishockeyspieler beim ZSC, wurde durch ein Foul von Kevin Miller (HC Davos) gezwungen, seine Karriere aufzugeben. Nach einem Bodycheck war er vornüber gestürzt und mit seinem Kopf auf dem Eis aufgeschlagen.
Neben verbandsinternen Sanktionen wurde Miller durch das BezGer ZH wegen einfacher und fahrlässiger schwerer Körperverletzung verurteilt. Das OGer ZH sprach Miller auf Berufung hin frei. Dagegen wiederum gelangte McKim ans BGer.
Den Eventualvorsatz in Bezug auf die einfache Körperverletzung bejahte das BGer unter Hinweis auf BGE 121 IV 249:
“Ob Eventualvorsatz oder bewusste Fahrlässigkeit vorliegt, hängt unter anderem von der Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung und von der dem Täter bekannten Nähe des Verletzungsrisikos ab. Bei der Festlegung des zulässigen Verhaltens und der zu respektierenden Sorgfaltspflichten sind nebst dem allgemeinen Grundsatz “neminem laedere” insbesondere auch die Spielregeln des Internationalen Eishockey Verbands (IIHF) zu beachten. Diese Regeln dienen nicht nur dem geordneten Spielverlauf, sondern vor allem auch der Unfallverhütung und der Sicherheit der Spieler (E. 3 a.a.O.). Wird eine den Schutz der Spieler vor Verletzungen bezweckende Spielregel absichtlich oder in grober Weise missachtet, so darf keine stillschweigende Einwilligung in das der sportlichen Tätigkeit innewohnende Risiko einer Körperverletzung angenommen werden (E. 4 a.a.O.; Bestätigung von BGE 109 IV 102 E. 2). In casu war der Spieler seinem Gegenspieler mit vorgestrecktem Knie und hoher Geschwindigkeit in die Beine gefahren (“Kniestich”). Von der hohen, dem Spieler bekannten Verletzungswahrscheinlichkeit bei dieser klar regelwidrigen Aktion durfte auf die Inkaufnahme der Verletzungsfolgen geschlossen werden.”
Das BGer setzte sich in der Folge mit den Lehrmeinungen zur Frage auseinander, ob von der Inkaufnahme des Risikos auf die Einwilligung in eine Verletzung geschlossen werden darf. Neuere Meinungen vertreten die Ansicht, dass
“Verletzungen bei Mannschaftssportwettkämpfen strafrechtlich nicht über die Einwilligung des Betroffenen zu lösen [sind], sondern ein Problem der Tatbestandseinschränkung nach den Grundsätzen der Sozialadäquanz, des erlaubten Risikos oder des selbstverantworteten Handelns auf eigene Gefahr [sind].”
Das BGer kommt zum Schluss, dass die gegensätzlichen Lehrmeinungen im Ergebnis übereinstimmen: Für die Unterscheidung zwischen unerlaubten und noch tolerierten Risiken sei jedenfalls auf die anwendbaren Spielregeln zurückzugreifen. Soweit nur jenes Risiko verwirklicht wird, welches das BGer das “sportartspezifische Grundrisiko” nennt, sollte das Strafrecht nicht eingreifen. Dazu gehören “normale” Fouls und Verletzungen. Als Faustregel gilt:
“Je krasser indes Regeln verletzt werden, die dem körperlichen Schutz der Spieler dienen, desto weniger kann von der Verwirklichung eines spieltypischen Risikos gesprochen werden und desto eher rückt eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Spielers ins Blickfeld (…).”
Die Anwendung dieser Grundsätze ergab, dass der Freispruch durch das OGer bundesrechtswidrig war. Das “objektiv krass regelwidrige Verhalten” von Kevin Miller war b, denn wer den Gegner checken will, ohne dessen genaue Position zu kennen, nimmt auch einen regelwidrigen Check von hinten in Kauf.
Da die Folgen des Checks für den Beschwerdegegner als professionellen Hockeyspieler voraussehbar waren, war auch der Freispruch in Bezug auf eventualvorsätzliche schwere Körperverletzung aufzuheben.