Die Klägerin forderte nach einem schweren Reitunfall die vertraglichen Leistungen von einer privaten Unfallversicherung. Das BGer, das den Sachverhalt nicht frei prüfen konnte, weil keine UVG-Leistung strittig war, legt die AVB aus und weist die Beschwerde ab.
Nach den anwendbaren AVB galt, dass sich die Invaliditätssumme nach der vereinbarten Versicherungssumme bemisst, allenfalls der nach der vereinbarten Progressionsvariante und dem Invaliditätsgrad. Danach werden für den Verlust bestimmter Glieder oder Organe Prozentsätze festgesetzt (Ziffer 1), die vollständige Gebrauchsunfähigkeit wird dem Verlust gleichgestellt (Ziffer 2) und bei teilweisem Verlust oder teilweiser Gebrauchsunfähigkeit gilt ein entsprechend geringerer Prozentsatz (Ziffer 3). Ziffer 4 bestimmt:
“Bei vorstehend nicht aufgeführter Beeinträchtigung der Gesundheit erfolgt die Bestimmung des Invaliditätsgrades aufgrund ärztlicher Feststellungen in Anlehnung an die obigen Prozentsätze”.
Sind mehrere Körperteile oder Organe betroffen, werden die Prozentsätze zusammengezählt. Der Invaliditätsgrad kann aber nie mehr als 100 % betragen (Ziffer 5).
Nach der Auslegung des BGer wird die Bewertung des Grades der Invaliditätseinbusse nicht an eine ärztliche Beurteilung delegiert; es wird lediglich die Orientierung an der Bewertung nach Art. 12 lit. c Ziffer 1 AVB vorgesehen. Die Regelung von Ziffer 4 kann nach Treu und Glauben nur so verstanden werden, dass die Art und die Auswirkungen einer nicht ausdrücklich genannten Beeinträchtigung mit einer fachärztlichen Begutachtung festzustellen und gestützt darauf zu beurteilen ist, inwiefern die Schwere der Beeinträchtigung den ausdrücklich bewerteten entspricht.
Die Vorinstanz hatte Art und Auswirkungen der Hirnverletzungen gestützt auf die ärztlichen Einschätzungen mit 70 % bewertet. Sie hat dazu ergänzend die SUVA-Tabelle über den Integritätsschaden bei psychischen Folgen beigezogen, was nicht beanstandet wurde. Gestützt darauf schloss die Vorinstanz, dass psychische Störungen nach Hirnverletzungen auch Persönlichkeitsveränderungen umfassen und dass die schwerwiegenden Veränderungen bei der Klägerin im Rahmen dieser Position zu berücksichtigen seien. Sie wich dabei von einem als widersprüchlich beurteilten Gutachten ab.
Das BGer schützt dieses Vorgehen:
“Die Vorinstanz hat den bundesrechtlichen Grundsatz der Vertragsauslegung nach dem Vertrauensgrundsatz nicht verletzt, wenn sie die Bewertung der Schwere der Hirnleistungsdefizite der Beschwerdegegnerin in Würdigung der fachärztlichen Feststellungen vornahm und dabei die SUVA-Tabelle als blosses Hilfsmittel, nicht aber als verbindliche Vorgabe beizog. Dabei hat sie die Aussagen des Gerichtsgutachters in vertretbarer Weise und keineswegs willkürlich gewürdigt, wenn sie daraus entnommen hat, dass die Auswirkungen der Hirnleistungsdefizite der Beschwerdegegnerin mit 70 % zu bewerten sind, sofern der Persönlichkeitsveränderung in diesem Rahmen ein grösseres Gewicht beigemessen wird.”