Das BGer hat sich kürzlich in zwei Entscheidungen mit dem versuchten Inverkehrbringen von der Zulassungspflicht unterstellten landwirtschaftlichen Produktionsmitteln ohne Zulassung (Art. 173 Abs. 1 lit. k aLwG i.V.m. Art. 21 Abs. 1 aStGB) und dem versuchten Anwenden von verbotenen Stoffen bei der landwirtschaftlichen Produktion (Art. 48 Abs. 1 lit. b LMG i.V.m. Art. 21 Abs. 1 aStGB) auseinandergesetzt.
Beiden Urteilen lag ein Sachverhalt zu Grunde, in dem ein Landwirt in seinem landwirtschaftlichen Betrieb Hanfpflanzen angebaut hatte. Im ersten Fall (6B_927/2008) hatte der Bauer den Hanf geerntet und in eine Gastrocknungsanlage gebracht, wo sie zu Futterwürfeln verarbeitet wurden, daraufhin die Hanffutterwürfel wieder abgeholt und in seiner Scheune gelagert, um sie später an eigene Nutztiere zu verfüttern. Im zweiten Fall (6B_928/2008) konnte der Landwirt die Ernte nicht einbringen, da die Pflanzen im Auftrag der Kantonspolizei in Vollstreckung einer Verfügung des Amtsstatthalteramtes gemäht und abtransportiert worden waren. Es war zu klären, ob diese Handlungen als strafbarer Versuch einer Übertretung im Sinne des Art. 173 LwG (Landwirtschaftsgesetz; SR 910.1) oder eventualiter einer Übertretung im Sinne des Art. 48 LMG (Lebensmittelgesetz; SR 817.0) zu qualifizieren sind.
Das Gericht hat eine Strafbarkeit wegen versuchten Inverkehrbringens von der Zulassungspflicht (Art. 160 LwG) unterstellten landwirtschaftlichen Produktionsmitteln ohne Zulassung gemäss Art. 173 Abs. 1 lit. k LwG in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB abgelehnt. Es begründet die Entscheidung damit, dass das Verfüttern von Futtermitteln an die eigenen Nutztiere offensichtlich kein Inverkehrbringen von Produktionsmitteln darstelle, weil die geernteten Hanfpflanzen auf diese Weise gerade nicht weitergegeben wurden. Daher könnten die Handlungen, welche die Landwirte mit dem Plan vornahmen, das Hanffutter den eigenen Nutztieren zu verfüttern, auch nicht als Versuch eines Inverkehrbringens qualifiziert werden.
Eine Anwendung von Art. 159a LwG in Verbindung mit Art. 173 Abs. 1 lit. i zweite Hälfte LwG hat das BGer ebenfalls abgelehnt, weil die Bestimmung zum Zeitpunkt der inkriminierten Tat noch nicht bestand. Es hält jedoch in einem obiter dictum fest, dass die Missachtung eines auf Art. 159a LwG oder auf Art. 23a der Futtermittel-Verordnung (SR 916.307) erlassenen Verbots der Verwendung eines bestimmten Stoffes, beispielsweise von Hanf als Futtermittel, die Tatbestandsvariante von Art. 173 Abs. 1 lit. i zweite Hälfte LwG erfüllt. Wer Hanf an Nutztiere verfüttert, hält somit eine nach Art. 159a LwG erlassene Vorschrift über die Verwendung nicht ein und macht sich nach Art. 173 Abs. 1 lit. i zweite Hälfte LwG strafbar. Wer Handlungen vornimmt, die als Versuch des Verfütterns eines verbotenen Stoffes an Nutztiere qualifiziert werden können, ist strafbar wegen versuchter Widerhandlung im Sinne von Art. 173 Abs. 1 lit. i zweite Hälfte und Abs. 4 LwG.
Nach Auffassung des BGer stellt die Fütterung mit Hanfpflanzen auch keine Straftat dar im Sinne von aArt. 173 Abs. 1 lit. i LwG in der bis Ende 2007 geltenden Fassung. Danach wird sanktioniert, wer die Verwendungsanweisungen nach Artikel 159 LwG nicht einhält. Wer Produktionsmittel, also unter anderem Futtermittel (vgl. Art. 158 Abs. 1 LwG) verwendet, muss gemäss Art. 159 Abs. 2 LwG die Verwendungsanweisungen beachten, und wer solche Verwendungsanweisungen missachtet, wird gemäss aArt. 173 Abs. 1 lit. i LwG respektive Art. 173 Abs. 1 lit. i erste Hälfte LwG bestraft. Das Gericht weist insoweit darauf hin, dass Art. 159 Abs. 2 LwG und die darauf Bezug nehmende Strafbestimmung die Nicht-Einhaltung von Verwendungsanweisungen bei der Verwendung von an sich erlaubten Produktionsmitteln erfassen. Mithin sei Art. 159 Abs. 2 LwG nicht anwendbar auf die Verwendung eines gar nicht erlaubten, sondern verbotenen Produktionsmittels. Wer Hanf an Nutztiere verfüttert, missachte folglich nicht eine Verwendungsanweisung im Sinne von Art. 159 Abs. 2 LwG in Verbindung mit Art. 173 Abs. 1 lit. i erste Hälfte LwG beziehungsweise aArt. 173 Abs. 1 lit. i LwG, sondern hält gemäss Art. 159a LwG in Verbindung mit Art. 173 Abs. 1 lit. i zweite Hälfte LwG eine Vorschrift über die Verwendung nicht ein.
Schließlich hatte das BGer eine versuchte Widerhandlung im Sinne von Art. 48 Abs. 1 lit. b LMG in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB zu prüfen. Danach wird bestraft, wer bei der landwirtschaftlichen Produktion oder bei der Herstellung von Lebensmitteln verbotene Stoffe oder Verfahren anwendet. Dieser Tatbestand setze mangels einer entsprechenden Einschränkung nicht voraus, dass der angewendete Stoff nach diesem Gesetz, d.h. nach dem Lebensmittelgesetz, oder nach einer gestützt darauf erlassenen Verordnung verboten ist. Der Tatbestand von Art. 48 Abs. 1 lit. b LMG könne vielmehr auch erfüllt sein, wenn der angewendete Stoff nach dem Landwirtschaftsgesetz oder nach einer gestützt darauf erlassenen Verordnung verboten ist. Zur landwirtschaftlichen Produktion im Sinne des Lebensmittelgesetzes gehöre auch die Fütterung von Nutztieren, soweit sie der Herstellung von Lebensmitteln dient (vgl. Art. 7 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a LMG). Da Hanf zur Fütterung von Nutztieren ein verbotener Stoff sei, wie sich aus Teil 2 lit. l des Anhangs 4 zur Futtermittelbuch-Verordnung (SR 916.307) ergibt, ist der Tatbestand von Art. 48 Abs. 1 lit. b LMG nach Ansicht des Gerichts erfüllt, wenn bei der landwirtschaftlichen Produktion Hanf an Nutztiere verfüttert werde.
Auch der Versuch einer Übertretung im Sinne von Art. 48 Abs. 1 LMG ist strafbar, wie Art. 48 Abs. 2 LMG ausdrücklich bestimmt. Im ersten der beiden Fälle war die Schwelle zum strafbaren Versuch der Anwendung von verbotenen Stoffen (Art. 48 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 LMG) objektiv jedenfalls in dem Zeitpunkt überschritten, als der Landwirt die verarbeiteten Hanffutterwürfel von der Gastrockungsanlage abholte und in seiner Scheune lagerte, um sie seinen Nutztieren zu verfüttern. Im zweiten Fall hat das BGer einen Versuch abgelehnt, weil der Landwirt seinen Plan, die angebauten Hanfpflanzen zu ernten, in einer Gastrocknungsanlage zu Futterwürfeln verarbeiten zu lassen und die Futterwürfel seinen eigenen Nutztieren zu verfüttern, nicht verwirklichen konnte, da die Pflanzen im Auftrag der Kantonspolizei gemäht und abtransportiert wurden. Mit dem Anbau der Hanfpflanzen hätte er unter den gegebenen Umständen noch nicht den letzten entscheidenden Schritt in die Straftat der Verfütterung von Hanffutterwürfeln an die eigenen Nutztiere getan. Daher sei noch kein Versuch der Anwendung eines verbotenen Stoffes im Sinne von Art. 48 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 LMG durch Fütterung von Nutztieren mit Hanf gegeben.