1C_179/2008: Beschwerde gegen PolG ZH

Die Beschw­erde gegen das neue Polizeige­setz des Kan­tons Zürich (PolG ZH) wurde vom Bun­des­gericht in seinem Urteil vom 30. Sep­tem­ber 2009 (1C_179/2008) teil­weise gut­ge­heis­sen. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass das Gesetz nachträglich abzuän­dern sei, weil es gegen die Ver­fas­sung verstosse.

Das Gericht entsch­ied, dass § 32 PolG ZH, der eine offene oder verdeck­te Überwachung im gesamten öffentlichen Raum erlaubte, ver­fas­sungswidrig sei und seine Gültigkeit mit sofor­tiger Wirkung ver­liere. Die Vorschrift sei viel zu vage und ohne Ein­schränkun­gen for­muliert. So gebe es beispiel­sweise keine Angaben über Sinn und Zweck ein­er Video- und Ton-Überwachung, keine räum­liche Ein­schränkung und keine Infor­ma­tion darüber, wer die Überwachung mit Kam­era, Drohne oder Mikro­fon durch­führen dürfe. Eine solche Regelung stelle einen unzuläs­si­gen Ein­griff in die per­sön­liche Frei­heit und Pri­vat­sphäre der Bürg­er dar.

Als eben­falls unzuläs­sig beurteilte das Gericht § 53 Abs. 2 PolG ZH, der die Auf­be­wahrungs­dauer von aufgeze­ich­netem Mate­r­i­al vorgibt. Danach müssen Fil­mauf­nah­men spätestens nach einem Jahr oder bis zum Ende ein­er Stra­fun­ter­suchung gelöscht wer­den, was das Bun­des­gericht als eine viel zu lange Zeit ansieht. Die Richter legten dem Kan­ton Zürich vielmehr nahe, sich am Kan­ton St. Gallen zu ori­en­tieren, wo die Dat­en seit einem Urteil des Bun­des­gerichts nach drei Monat­en zu löschen sind. Das Gericht hat­te vor etwa zwei Jahren eine Lim­ite von max­i­mal 100 Tagen fest­gelegt (Urteil vom 14. Dezem­ber 2006, 1P.358/2006/fun).

Schliesslich sieht das Gericht auch die in § 27 Abs. 2 PolG ZH geregel­ten Modal­itäten bei polizeilichem Gewahrsam als nicht ver­fas­sungskon­form an. Inhaftierte müssten bere­its während der ersten 24 Stun­den einen sofor­ti­gen und direk­ten Zugang zur zuständi­gen richter­lichen Behörde erhal­ten, was im Gesetz nicht vorge­se­hen war. Der Gewahrsam wird zwar nach 24 Stun­den ohne­hin aufge­hoben, der Kon­takt zum Haftrichter müsse aber jed­erzeit möglich sein.

Die genan­nten drei Bes­tim­mungen des am 1. Juli 2009 in Kraft getrete­nen Regel­w­erkes muss der Kan­ton Zürich rev­i­dieren. Alle weit­eren der ins­ge­samt 15 Beschw­erdepunk­te (u.a. Waf­fenge­brauch bei Flucht­ge­fahr, über­all und jed­erzeit mögliche Per­so­n­enkon­trollen sowie Haus­durch­suchung ohne richter­lichen Beschluss) wur­den vom Bun­des­gericht abgewiesen. Das Zürcher Stim­mvolk hat­te das Polizeige­setz mit 75 Prozent (220.000 Ja-Stim­men gegen 74.000 Nein-Stim­men) am 24. Feb­ru­ar 2008 auf ein Ref­er­en­dum hin angenom­men. Es wurde trotz hängiger Beschw­erde in Kraft geset­zt, weil das Rechtsmit­tel nach Auf­fas­sung des Gerichts keine auf­schiebende Wirkung zeitige.

Der Wort­laut der Beschw­erde, die von den Demokratis­chen Juristin­nen und Juris­ten Zürich (DJZ), ver­schiede­nen linken Parteien sowie Pri­vat­per­so­n­en erhoben wor­den war, kann hier einge­se­hen werden.

Siehe auch die Berichter­stat­tung der NZZ und des Tage­sanzeigers.