4A_279/2009: Einmal mehr: Abgrenzung Garantie zur Bürgschaft

Das Bun­des­gericht durfte sich kür­zlich (in einem nicht zur Pub­lika­tion vorge­se­henen Entscheid, 4A_279/2009 vom 14. Sep­tem­ber 2009) erneut mit der Frage der Abgren­zung der Bürgschaft von der Garantie auseinan­der­set­zen, wobei im vor­liegen­den Fall (nach Auf­fas­sung der Vorin­stanz) eine „bürgschaft­sähn­liche Garantie“ zu Auseinan­der­set­zun­gen Anlass bereite.

Erschw­erend zur klas­sis­chen Abgren­zungs­frage illus­tri­ert die vor­liegende Entschei­dung, dass die Abfas­sung von Ver­trags­doku­menten in Fremd­sprachen (hier in Englisch) beson­dere Her­aus­forderun­gen mit sich brin­gen kann. Unter­dessen kann das Bun­des­gericht für die Aus­sage, dass die Beze­ich­nung “guar­an­tee” als Sam­mel­be­griff für bei­de Sicherungs­for­men ver­wen­det werde, bere­its auf eine Rei­he früher­er Entschei­dun­gen verweisen.

Auch bei der bürgschaft­sähn­lichen Garantie ste­ht als Abgren­zungskri­teri­um (zur Bürgschaft) die Akzes­sori­etät im Vorder­grund, mithin die Frage, ob die Sicher­heit das Schick­sal der Hauptschuld teilt, indem die akzes­sorische Verpflich­tung von der Hauptschuld abhängig ist und dieser als Neben­recht fol­gt (Erw. 3.1).

Ob eine Bürgschaft oder ein selb­ständi­ges Garantiev­er­sprechen vor­liegt, ist durch Ausle­gung des Sicherungsver­trags zu ermit­teln (Erw. 3.2). Für die Beurteilung der Akzes­sori­etät sind ver­schiedene Indizien zu berück­sichtigten. Das Bun­des­gericht nen­nt ver­schiedene Anhalt­spunk­te, die Bürgschaft oder Garantie indizieren kön­nen. Erwä­gung 3.3 lässt sich stark vere­in­facht wie fol­gt zusammenfassen:

Bürgschaft
  • wenn der Promit­tent erk­lärt, einzig für die Verbindlichkeit­en des Hauptschuld­ners ein­ste­hen zu wollen (mithin das Leis­tungsver­sprechen mit der Leis­tungspflicht des Hauptschuld­ners iden­tisch ist)
  • wenn zur Fest­stel­lung der Garan­ten­leis­tung vol­lum­fänglich auf das Grund­ver­hält­nis zurück­ge­grif­f­en wer­den muss 
Garantie
  • wenn die Summe, die der Promit­tent zu zahlen ver­spricht, nicht mit der­jeni­gen übere­in­stimmt, die der Hauptschuld­ner schuldet
  • wenn im Sicherungsver­trag sel­ber ein detail­liert­er, selb­ständi­ger Leis­tungs­beschrieb enthal­ten ist (mithin kein Rück­griff auf das Grund­ver­hält­nis zur Fest­stel­lung der Garan­ten­leis­tung erforder­lich ist)
  • wenn der Promit­tent auf die Erhe­bung der dem Hauptschuld­ner zuste­hen­den Einre­den und Ein­wen­dun­gen verzichet, auch wenn dies für sich allein kaum die Annahme eines Garantiev­er­trags zu begrün­den vermag
  • wenn der Promit­tent zudem ver­spricht, auf erstes Ver­lan­gen zu bezahlen
  • wenn der Promit­tent ein eigenes Inter­esse an der Leis­tung des Drit­ten hat (Erw. 4.6), ist dies für die Abgren­zung der Bürgschaft vom Garantiev­er­trag zwar nicht auss­chlaggebend, kann aber ein Indiz für einen Garantiev­er­trag bilden. 

Bezug­nahme auf das Grund­ver­hält­nis nicht auss­chlaggebend. Im vor­liegen­den Fall erachtete das Bun­des­gericht die Bezug­nahme auf die Grund­ver­hält­nisse (Dar­lehensverträge) als unbeachtlich: Sowohl bei der Bürgschaft, als auch beim bürgschaft­sähn­lichen Garantiev­er­trag liege regelmäs­sig dem Sicherungsver­sprechen ein ver­traglich­es Drittschuld­ver­hält­nis zugrunde, auf das Bezug genom­men werde.

Selb­ständigkeit der Sicherungsver­sprechen. Die Sicherungsver­sprechen enthiel­ten sowohl For­mulierun­gen die für Akzes­sori­etät, als auch für Selb­ständigkeit sprachen. Das Bun­des­gericht schützte die Auf­fas­sung der Vorin­stanz, die gestützt auf die Zahlungsverpflich­tung “abso­lut unab­hängig von allen Änderun­gen oder Abwe­ichun­gen in den Bedin­gun­gen der vor­ge­nan­nten Dar­lehensvere­in­barung” auf selb­ständi­ge Verpflich­tun­gen erkan­nte (Erw. 4.3). Dass die blosse schriftliche Auf­forderung ohne jegliche weit­ere Nach­weise für die Aus­lö­sung der Zahlungspflicht aus­re­icht, spreche für eine selb­ständi­ge Garantieverpflichtung.

Reduk­tion der Sicherungsver­sprechen bei Dar­lehen­srück­zahlung begrün­det noch keine Akzes­sori­etät (Erw. 4.5). Das Bun­des­gericht ver­warf das Argu­ment, wonach die Leis­tungspflicht unter der Sicherungsabrede um bere­its bezahlte Dar­lehens­be­träge reduziert wer­den soll als aus­re­ichende Begrün­dung zur Her­stel­lung von Akzes­sori­etät. Auch hier fol­gte das Bun­des­gericht der Vorin­stanz, die erwog, dass die betr­e­f­fende Ver­trags­bes­tim­mung nicht mehr und nicht weniger als Aus­druck davon sei, dass mit ein­er Garantieleis­tung auch nur der Aus­fall aus der Nichter­fül­lung des Grundgeschäfts bzw. aus dem Nichtein­tritt des garantierten Erfolges aus­geglichen wer­den solle.

Eigen­in­ter­esse des Interze­den­ten (Erw. 4.6). Ein eigenes Inter­esse des Promit­ten­ten sei zwar für die Abgren­zung der Bürgschaft vom Garantiev­er­trag nicht auss­chlaggebend, bilde aber doch ein Indiz für die Annahme eines Garantievertrags.