6B_236/2009: Gewerbsmässiger Betrug (Bereicherung, Stoffgleichheit); arglistige Vermögensschädigung; Verjährung

Das Bun­des­gericht hat mit Urteil vom 18. Jan­u­ar 2010 (6B_236/2009) eine Beschw­erde teil­weise gut­ge­heis­sen, die sich u.a. gegen die Verurteilung wegen gewerb­smäs­si­gen Betrugs (Art. 146 Abs. 1 und 2 StGB) richtete.

Die Beschw­erde­führerin hat­te ver­schiedene Anfangsin­vesti­tio­nen in die B.-AG sowie eine weit­ere Transak­tion vom Kon­to des Geschädigten A. bei der C.-Bank bzw. vom Kon­to sein­er Gesellschaft D.-Ltd. vorgenommen:

1.2.1 […] Der Beschw­erde­führerin wird zur Last gelegt, die Fir­men­gruppe der B.-AG ohne Wis­sen und Genehmi­gung des Geschädigten A. aus dessen Mit­teln gekauft zu haben. Zur Aus­lö­sung von Transak­tio­nen fälschte die Beschw­erde­führerin eine Vielzahl von Unter­schriften des Geschädigten, was die Beschw­erde­führerin ein­räumt. Sie will aber das Invest­ment in die B.- AG-Gruppe zu Beginn mit Wis­sen und Ein­ver­ständ­nis des Geschädigten getätigt haben.

Nach­dem das Bun­des­gericht fes­thält, dass „der Betrug bere­its vor Ein­tritt der Bere­icherung mit dem Ein­tritt eines Ver­mö­genss­chadens vol­len­det“ ist (E. 2.4), set­zt es sich mit dem Tatbe­standsmerk­mal der Bere­icherung auseinan­der und ver­weist auf die Voraus­set­zung der Stoffgleichheit:

4.3 Der Betrug im Sinne von Art. 146 StGB set­zt ein Han­deln in Bere­icherungsab­sicht voraus. In BGE 134 IV 210 hat das Bun­des­gericht dargelegt, dass der Schaden als Ver­mö­gen­snachteil der Bere­icherung als Ver­mö­gensvorteil zu entsprechen habe. So wie es bei den Aneig­nungs­de­lik­ten um eine Eigen­tumsver­schiebung gehe, gehe es beim Betrug um eine (beab­sichtigte) Ver­mö­gensver­schiebung. Aus dem Tatbe­standsmerk­mal der Bere­icherungsab­sicht sei daher zu schliessen, dass der Täter die Absicht ver­fol­gen müsse, sich oder einen Drit­ten ger­ade um den­jeni­gen Ver­mö­gens­be­standteil zu bere­ich­ern, welch­er dem Getäuscht­en ent­zo­gen werde. Entschei­dend sei mithin, dass die Bere­icherung nicht aus einem anderen als dem Opfer­ver­mö­gen erfolge. Werde die Bere­icherungsab­sicht man­gels Stof­f­gle­ich­heit verneint, so fände statt des Tatbe­stands des Betrugs gemäss Art. 146 StGB jen­er der arglisti­gen Ver­mö­genss­chädi­gung nach Art. 151 StGB Anwen­dung (BGE 134 IV 210 E. 5.3 S. 213 f.; Urteil 6B_530/2008 vom 8. Jan­u­ar 2009 E. 3.1).

Im vor­liegen­den Fall verneinte das Gericht eine stof­f­gle­iche Bere­icherung mit fol­gen­der Begründung:

4.4 Vor­liegend ist der Ein­wand der Beschw­erde­führerin, es fehle an der Stof­f­gle­ich­heit, berechtigt. Ihr wird zur Last gelegt, die C.-Bank arglistig irrege­führt und dadurch die Zahlung vom Kon­to des Geschädigten an die S.-Ltd. ver­an­lasst zu haben. Dadurch sei eine Schuld der R.- Corp. gegenüber der S.-Ltd. (teil­weise) getil­gt wor­den. Die Bere­icherung wird gemäss Anklage und Vorin­stanzen damit umschrieben, dass die der Beschw­erde­führerin gehörende Gesellschaft P.- Ltd. die Anwartschaften auf die Rechte am Ergeb­nis der Soft­wa­reen­twick­lung erhal­ten habe. Der Schaden beste­he somit in der ab dem Kon­to A_C.-Bank aus­bezahlten Summe, und die Bere­icherung der P.-Ltd. (und damit auch der Beschw­erde­führerin) liege in den zukün­fti­gen Imma­te­ri­al­güter­recht­en. Damit man­gelt es aber an der für die Bejahung des sub­jek­tiv­en Tatbe­stands des Betrugs notwendi­gen Stoffgleichheit.

Eine daraufhin geprüfte Verurteilung der Beschw­erde­führerin wegen arglistiger Ver­mö­genss­chädi­gung nach Art. 151 StGB war jedoch auf­grund der bere­its einge­trete­nen Ver­fol­gungsver­jährung nicht möglich:

4.4 […] Gemäss Art. 389 Abs. 1 StGB find­en die Bes­tim­mungen des neuen Rechts über die Ver­fol­gungs- und Voll­streck­ungsver­jährung auf vor dem 1. Okto­ber 2002 verübte Tat­en Anwen­dung, wenn die Regelun­gen milder sind als das bish­erige Recht. Die bis zum 30. Sep­tem­ber 2002 gel­tenden Ver­jährungs­bes­tim­mungen sahen bei ein­er arglisti­gen Ver­mö­genss­chädi­gung eine rel­a­tive Ver­jährungs­frist von 5 Jahren und eine absolute Ver­jährungs­frist von 7 ½ Jahren vor (vgl. aArt. 70 ff. StGB). Nach altem Recht trat die (absolute) Ver­jährung im Dezem­ber 2007 ein. Das neue Ver­jährungsrecht sieht bei ein­er arglisti­gen Ver­mö­genss­chädi­gung eine Ver­jährungs­frist von 7 Jahren vor (Art. 97 Abs. 1 lit. c StGB). In der Revi­sion der Ver­fol­gungsver­jährung wurde auf Unter­brechung und Ruhen verzichtet. Die Ver­fol­gungsver­jährungs­frist läuft neu mit dem erstin­stan­zlichen Urteil endgültig ab (Art. 97 Abs. 3 StGB). Nach neuem Recht trat die Ver­jährung vor­liegend im Juni 2007 ein. Nach bei­den Regelun­gen trat somit die Ver­jährung zwis­chen­zeitlich ein. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob das neue Ver­jährungsrecht oder das alte Recht milder ist.