6B_1087/2009, 6B_25/2010: Beschleunigungsgebot; Verfahrensdauer und Verjährung

Im sel­ben Urteil (siehe vorste­hen­den Beitrag) hat das Bun­des­gericht seine Recht­sprechung zum Beschle­u­ni­gungs­ge­bot (siehe z.B. BGE 133 IV 158 E. 8), wonach die Ver­fahrens­dauer und die Ver­jährung auseinan­derzuhal­ten sind, bestätigt und konkretisiert (6B_1087/2009 und 6B_25/2010):

2.6.2 […] Der Berück­sich­ti­gung von Ver­fahren­süber­län­gen liegt der Gedanke zugrunde, dass Strafver­fahren für die Betrof­fe­nen eine Belas­tung darstellen, welche durch Verzögerun­gen unnötig in die Länge gezo­gen wer­den. Die Ratio der Ver­jährung liegt demge­genüber namentlich in der heilen­den Wirkung des Zeitablaufs, welche das Straf­bedürf­nis ver­min­dert. Dem Ver­jährungs­gedanken wird bei der Strafzumes­sung unter anderem mit Art. 48 lit. e StGB Rech­nung getra­gen. Danach mildert das Gericht die Strafe, wenn das Straf­bedürf­nis in Anbe­tra­cht der seit der Tat ver­strich­enen Zeit deut­lich ver­min­dert ist und der Täter sich in dieser Zeit wohl ver­hal­ten hat.

Verzögerungs- und Ver­jährungsüber­legun­gen müssen nicht zusam­men­fall­en. So kann ein weit zurück­liegen­des Delikt erst kurz vor der Ver­jährung ent­deckt, das Ver­fahren dann aber sehr rasch durchge­führt wer­den. Vor­liegend sind jedoch die Voraus­set­zun­gen bei­der Bes­tim­mungen erfüllt, das heisst, das Ver­fahren hat über­lange gedauert und die Tat­en liegen weit zurück. Diese bei­den Aspek­te sind nebeneinan­der zu beacht­en (BGE 122 IV 103, 131; Urteil 6B_440/2008 vom 11. Novem­ber 2008 E. 6.4 […]). Je näher dabei in verzögerten Ver­fahren die absolute Ver­jährung rückt, desto stärk­er ist die Ver­fahrens­dauer straf­min­dernd zu berück­sichti­gen und desto eher muss auch ein Strafverzicht in Betra­cht gezo­gen werden.