2C_372/2009: Allgemeine Beschwerdelegitimation nach BGG 89 für Gemeinden nur restriktiv (amtl. Publ.)

Vor BGer war im vor­liegen­den Fall die Beschw­erdele­git­i­ma­tion der Gemeinde Feld­brun­nen-St. Niklaus (SO) gegen einen kan­ton­al let­ztlin­stan­zlichen Entscheid über das Steuer­dom­izil eines Ehep­aars strit­tig. Das kan­tonale Steuer­amt SO hat­te fest­gestellt, das Steuer­dom­izil eines Ehep­aars liege für die Steuer­pe­ri­ode 2008 in der Stadt SO (und nicht in der Gemeinde). Das BGer verneinte die Legit­i­ma­tion der Gemeinde zur Beschw­erde in öffentlich-rechtlichen Angele­gen­heit­en beim Bundesgericht.

Nach BGG 89 II d sind Per­so­n­en, Organ­i­sa­tio­nen und Behör­den legit­imiert, “denen ein anderes Bun­des­ge­setz dieses Recht ein­räumt”. Nach der bun­des­gerichtlichen Recht­sprechung stünde hier die Beschw­erde nach StHG 73 offen. Damit eine Gemeinde nach in StHG 73 II zur Beschw­erde befugt ist, bedarf es u.a. ein­er aus­drück­lichen materiell­rechtlichen Ermäch­ti­gung. Hier fehlte es bere­its an ein­er Ermäch­ti­gung im kan­tonalen Recht, so dass die Beschw­erdele­git­i­ma­tion auss­chied. Auch die Beru­fung der Gemeinde auf die all­ge­meine Legit­i­ma­tion­sklausel von BGG 89 I half nicht. Diese Beschw­erde­befug­nis ist auf Pri­vat­per­so­n­en zugeschnit­ten; das Gemein­we­sen kann sich auf diese Klausel nur dann stützen, wenn es durch den ange­focht­e­nen Entscheid gle­ich oder ähn­lich wie ein Pri­vater betrof­fen ist, was hier nicht der Fall war:

4.2 Unbe­strit­ten­er­massen berührt der ange­focht­ene Entscheid die Ein­wohn­erge­meinde der Stadt Solothurn in ihren fiskalis­chen Inter­essen. Jedoch han­delt es sich hier­bei nur um eine Betrof­fen­heit in ihrer Eigen­schaft als Hoheit­strägerin. Zwar kann ein Gemein­we­sen in bes­timmten Fällen auch in hoheitlichen Inter­essen der­art berührt sein, dass die Recht­sprechung von einem schutzwürdi­gen Inter­esse im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG aus­ge­ht […]: Bei Ein­grif­f­en in spez­i­fis­che eigene Sachan­liegen wird die Beschw­erde­befug­nis des Gemein­we­sens etwa dann bejaht, wenn ein Hoheit­sakt wesentliche öffentliche Inter­essen in einem Poli­tik­bere­ich bet­rifft, der ihm zur Regelung zugewiesen ist […]. Bejaht wurde das schutzwürdi­ge Inter­esse sodann bei wichti­gen ver­mö­gen­srechtlichen Inter­essen wie [-Beispiele-]. Generell gilt jedoch, dass Gemein­we­sen, wenn sie die Durch­set­zung hoheitlich­er Anliegen anstreben, nur restrik­tiv gestützt auf die all­ge­meine Legit­i­ma­tion­sklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschw­erde­führung zuge­lassen wer­den dür­fen […]. Das all­ge­meine Inter­esse an der richti­gen Recht­san­wen­dung oder der Ein­bezug in das Ver­fahren als Mit­be­trof­fen­er oder ‑adres­sat reicht hier­für nicht aus […]. Eben­so wenig genügt das blosse Inter­esse an der Opti­mierung des Steuer­ertrages, um der Gemeinde ein hin­re­ichen­des Schutz­in­ter­esse zuzugeste­hen […]: In Steuerangele­gen­heit­en, ins­beson­dere im har­mon­isierten Bere­ich der direk­ten Steuern, hat der Geset­zge­ber bere­its durch die Beze­ich­nung der beschw­erde­berechtigten Behör­den im Sinne von Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG dafür gesorgt, dass das Gemein­we­sen den öffentlichen Inter­essen wenn nötig auf dem Beschw­erdeweg Nachachtung ver­schaf­fen kann […]. Das all­ge­meine Beschw­erderecht des Gemein­we­sens i.S.v. Art. 89 Abs. 1 BGG erscheint daher in solchen Fällen ent­behrlich und schei­det regelmäs­sig aus. Eine generell restrik­tive Hand­habung der Legit­i­ma­tion­sprax­is bezüglich des bloss in fiskalis­chen Inter­essen betrof­fe­nen Gemein­we­sens drängt sich auch deshalb auf, weil jed­er­mann, dem die Beschw­erde­berech­ti­gung vor Bun­des­gericht zuste­ht, bere­its unterin­stan­zlich Gele­gen­heit zur Ausübung der Ver­fahren­srechte erhal­ten muss […]: Wollte man jede Betrof­fen­heit in fiskalis­chen Inter­essen genü­gen lassen, um die Beschw­erde­berech­ti­gung eines Gemein­we­sens zu beja­hen, würde dadurch der Ver­fahrens­ablauf vor den Vorin­stanzen über Gebühr erschw­ert. Im Regelfall muss es deshalb in Fiskalsachen mit der Beschw­erde­berech­ti­gung der vom Bun­des­ge­set­zge­ber als vertre­tungs­befugt beze­ich­neten Behör­den (Art. 89 Abs. 2 BGG) sein Bewen­den haben.

Hier ging um die innerkan­tonale Fes­tle­gung des Steuer­wohn­sitzes und um die Steuer­auss­chei­dung zwis­chen zwei Gemein­den. Den betrof­fe­nen Gemein­den ste­ht hier keine Regelungs­befug­nis zu. Da sie fern­er bloss als Mitadres­sat­en und nur in fiskalis­chen Inter­essen betrof­fen waren, kam ihr das all­ge­meine Beschw­erderecht nach BGG 89 I nicht zu.