5a_313/2010: Verrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung wirkt trotz OR 120 II erst bei gerichtlicher Bestätigung der Gegenforderung; solche Verrechnung daher keine taugliche Einwendung gegen def. Rechtsöffnung (amtl. Publ.)

Beruht eine Forderung auf einem voll­streck­baren Urteil ein­er Behörde des Bun­des oder des Kan­tons, in dem die Betrei­bung ein­geleit­et ist, wird die defin­i­tive Recht­söff­nung nach SchKG 81 I erteilt, wenn  der Betriebene nicht durch Urkun­den beweist, dass die Schuld seit Erlass des Urteils getil­gt oder ges­tun­det wor­den ist, oder die Ver­jährung anruft. Als Tilgung kommt nach der bun­des­gerichtlichen Recht­sprechung auch die Ver­rech­nung in Betra­cht, sofern die Ver­rech­nungs­forderung eben­falls durch eine voll­streck­bare Urkunde aus­gewiesen oder aber anerkan­nt ist.

Im vor­liegen­den Fall beruhte die Ver­rech­nungs­forderung auf ein­er vor­be­halt­losen und unbe­d­ingten Schul­dan­erken­nung. Dies hätte an und für sich genügt, doch war die Schul­dan­erken­nung Gegen­stand eines Ver­fahrens in Frankre­ich, das auf die Nichtigkeit der Schul­dan­erken­nung zielte. Der Betriebene berief sich dage­gen auf OR 120 II (auch eine bestrit­tene Forderung kann  zur Ver­rech­nung gebracht wer­den). Das BGer ver­weist indes auf ein unveröf­fentlicht­es Urteil des BGer aus dem Jahr 1992, wonach die Wirkung der Ver­rech­nung mit ein­er bestrit­te­nen Forderung trotz OR 120 II erst dann ein­tritt, wenn die Ein­wände gegen die Ver­rech­nungs­forderung von einem Gericht zurück­gewiesen wurden:

Toute­fois, l’effet com­pen­satoire ne se pro­duit que si la con­tes­ta­tion est lev­ée par le juge (cf. arrêt 5P.245/1992 du 16 novem­bre 1992 con­sid. 2 et la référence à VIKTOR AEPLI, Com­men­taire zuri­chois, 1991, no 148 ad art. 120 CO; TERCIER, ibidem).”

Ein Gericht könne im Ver­fahren der defin­i­tiv­en Recht­söff­nung die Berech­ti­gung der Ein­wände gegen die Ver­rech­nungs­forderung indes nicht prüfen, und im Gegen­satz zur pro­vi­sorischen Recht­söff­nung reiche auch die Glaub­haft­machung der Ver­rech­nungs­forderung nicht (SchKG 81 I: Urkun­den­be­weis). OR 120 II taugt daher nicht als Grund­lage ein­er Ver­rech­nung mit ein­er bestrit­te­nen Gegen­forderung als Abwehrmit­tel im Rah­men der defin­i­tiv­en Rechtsöffnung.