5A_495/2010: Erbbescheinigung und Erbenruf; Kostenpflicht des Willensvollstreckers

Mit Urteil vom 10. Jan­u­ar 2011 (5A_495/2010) hat das Bun­des­gericht die Beschw­erde eines Wil­lensvoll­streck­ers gegen eine Erbbescheini­gung abgewiesen. Die ledi­ge und kinder­lose Erblasserin E. hat­te in ihrem Nottes­ta­ment ihre Erben von der Erb­folge aus­geschlossen, ver­schiedene Ver­mächt­nisse ange­ord­net und den Rest­be­trag ein­er Stiftung zugedacht. Nach dem Tod von E. schlossen die Stiftung sowie ihr Brud­er und seine bei­den Töchter eine Vere­in­barung. Darin erkan­nte der Brud­er die Gültigkeit des Nottes­ta­ments und die Stel­lung der Stiftung als einge­set­zte Alleinerbin an; die Stiftung verpflichtete sich, diesem aus dem Nach­lass eine bes­timmte Zahlung zu leis­ten sowie Ver­mächt­nisse an seine Töchter und ver­schiedene Insti­tu­tio­nen auszuricht­en. Nach einem auf der Übereinkun­ft beruhen­den Antrag wurde eine Erbbescheini­gung zugun­sten der Stiftung als Alleinerbin ausgestellt.

Das Bun­des­gericht ver­wirft die Argu­men­ta­tion des Wil­lensvoll­streck­ers, dass der vorin­stan­zlich fest­gestellte Sachver­halt zu ergänzen sei, weil die Erblasserin einzig Ver­mächt­nis­nehmer einge­set­zt habe und die Erben daher noch gar nicht bekan­nt seien. Denn eine Erbbescheini­gung diene lediglich als pro­vi­sorische Legit­i­ma­tion zur Ver­fü­gung über die Erb­schafts­ge­gen­stände, weshalb ihrer Ausstel­lung keine Auseinan­der­set­zung über die materielle Recht­slage voraus­ge­he (unter Ver­weis auf BGE 128 III 318, 323 E. 2.2.2):

2.3.2 […] Über die defin­i­tive Ausle­gung der let­ztwilli­gen Ver­fü­gung und die damit ver­bun­dene Frage, ob ein­er Per­son Erben­stel­lung zukommt oder nicht, äussert sich nicht die den Erben­schein ausstel­lende Behörde, son­dern der ordentliche Richter. Demgemäss ist die Kog­ni­tion der ausstel­len­den Behörde auf eine pro­vi­sorische Ausle­gung beschränkt. Dabei ist ins­beson­dere eine allfäl­lige Eini­gung der Parteien über die Ausle­gung zu beacht­en […]. Vor­liegend hat­ten sich die Haupt­beteiligten — der von der Erb­folge aus­geschlossene, die Gültigkeit des Tes­ta­ments bestre­i­t­ende geset­zliche Erbe, die auf den Rest­be­trag einge­set­zte Stiftung und zwei Ver­mächt­nis­nehmerin­nen — ver­gle­ich­sweise darauf geeinigt, das Tes­ta­ment grund­sät­zlich anzuerken­nen und die Stiftung als Alleinerbin zu betra­cht­en. Angesichts dieser Umstände durfte der Stiftung ohne Willkür eine Erbbescheini­gung aus­gestellt wer­den […]. Durften die Vorin­stanzen somit davon aus­ge­hen, dass eine Alleinerbin bekan­nt ist, bestand auch kein Grund zur Durch­führung eines Erben­rufs (Art. 555 ZGB), um allfäl­lige Erben der grossel­ter­lichen Par­entel zu suchen.

Dem Wil­lensvoll­streck­er wer­den zudem die Prozesskosten aufer­legt, weil er nicht zur Prozess­führung legit­imiert war und unnötige Kosten verur­sacht habe, weshalb es unbil­lig wäre, dem Nach­lass die Kosten zu überbinden (unter Ver­weis auf BGE 129 V 113, 118 E. 4.3)

3.2 […] Nach bun­des­gerichtlich­er Recht­sprechung gehen die Prozesskosten in Nach­lassstre­it­igkeit­en, d.h. in Aktiv- und Pas­sivprozessen, die der Wil­lensvoll­streck­er zu Gun­sten oder zu Las­ten des Nach­lass­es führt, zu Las­ten des Nach­lass­es. Bei Stre­it­igkeit­en um die wirtschaftlichen und finanziellen Inter­essen des Wil­lensvoll­streck­ers gehen die Prozesskosten jedoch zu seinen Las­ten, soweit sie ihm aufer­legt wer­den […]. Es erscheint nicht als willkür­lich, dies zur Grund­lage der Kosten­verteilung zu machen, die genan­nten bun­desrechtlichen Grund­sätze über die Kos­ten­tra­gung insoweit zu ver­fein­ern und den Nach­lass von den Kosten des Ver­fahrens zu ver­scho­nen. Die Vorin­stanz hat damit den Beschw­erde­führer per­sön­lich als unter­liegende Partei erachtet und nicht die Erben als Recht­sträger des Nach­lass­es. Diese Anwen­dung des Unter­liegerprinzips kann — selb­st wenn im Gesetz diese spez­i­fis­che Kon­stel­la­tion nicht erwäh­nt sein sollte — nicht als willkür­lich qual­i­fiziert werden.