4A_50/2011: Lohnfortzahlungspflicht, Taggeldversicherung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Das BGer bestätigt seine Recht­sprechung zur Ausle­gung von Lohn­fortzahlungs- bzw. Lohn­ver­sicherungsklauseln in Arbeitsverträ­gen im Hin­blick auf die Zeit nach der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es. Diese Frage kann sich stellen, weil der zeitliche Kündi­gungss­chutz und die Lohn­fortzahlungspflicht nicht koor­diniert sind und eine Kündi­gung zuläs­sig sein kann, wenn die Lohn­fortzahlungspflicht andauert.Die Recht­sprechung geht von ein­er über die Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es hin­aus­ge­hen­den Lohn­fortzahlungspflicht aus, wenn 

sich der Arbeit­ge­ber verpflichtet hat, eine Kollek­tiv­taggeld­ver­sicherung mit einem Ver­sicher­er abzuschliessen, die ohne entsprechen­den Vor­be­halt während ein­er län­geren Dauer den Lohn­be­trag bzw. einen Teil davon weit­er bezahlt” (4C.315/2006 E. 3.1).

Das BGer hält im vor­liegen­den Fall ergänzend fest, dass das Gegen­teil gilt,

wenn keine Ver­sicherung, son­dern eine blosse Lohn­fortzahlungspflicht der Arbeit­ge­berin vere­in­bart ist. Weil es sich dies­falls um Lohn han­delt, muss im Zweifel angenom­men wer­den, dass die Verpflich­tung den Fortbe­stand des Arbeitsver­hält­niss­es voraus­set­zt und ohne entsprechende abwe­ichende Vere­in­barung der zeitliche Kündi­gungss­chutz nicht entsprechend aus­gedehnt wor­den ist.” 

Im vor­liegen­den Fall hat­te die Arbeit­ge­berin ver­sprochen, 100% des Lohns in Form ein­er Taggeld­ver­sicherung zu ver­sich­ern. Nach der obi­gen Rsp. durfte der Arbeit­nehmer also davon aus­ge­hen, die Ver­sicherung beste­he auch nach der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es, wenn er die Ver­sicherung in Form ein­er Einzelver­sicherung übernehme. Tat­säch­lich war der Lohn hier nur zu 80% ver­sichert. Es bestand aber der berechtigte Ein­druck, die Einzelt­aggeld­ver­sicherung werde der bish­eri­gen Ver­sicherung gle­ich­w­er­tig sein. Die Arbeit­ge­berin hat­te daher die Dif­ferenz zur vollen Lohn­er­sat­zleis­tung zu vergüten.