4A_562/2010: Rückabwicklung von Verträgen; Anwendung auf den Widerruf nach OR 40f I (amtl. Publ.)

Das BGer wen­det auf die Rück­er­stat­tung emp­fan­gener Leis­tun­gen beim Wider­ruf des Ver­trages durch den Kun­den nach OR 40f I Bere­icherungsrecht an, so dass die ein­jährige Ver­jährungs­frist zur Anwen­dung kommt. Es erläutert dafür zunächst detail­liert seine Recht­sprechung zur Rück­ab­wick­lung.

Das BGer fragt nach der Recht­snatur der entsprechen­den Ansprüche. Es hat sich bei der Rück­ab­wick­lung eines Ver­trags nach Rück­tritt infolge ein­er Ver­tragsver­let­zung bekan­ntlich für die Umwand­lungs­the­o­rie entsch­ieden (BGE 114 II 152; Kri­tik der Lehre in BGE 129 III 264 E. 4.1 zurück­gewiesen). Bei der Anfech­tung eines Ver­trags wegen Wil­lens­män­geln “ent­fällt” der Ver­trag dage­gen ex tunc. Erbrachte Leis­tun­gen sind nach den Grund­sätzen der Vin­dika­tion bzw. den Regeln der ungerecht­fer­tigten Bere­icherung zurück­zuer­stat­ten. Bei der Rück­ab­wick­lung von Dauer­schuld­ver­hält­nis­sen wird die erfol­gre­iche Irrtum­san­fech­tung aus Prak­tibil­itäts­grün­den als ein­er Kündi­gung ex nunc betra­chtet (“Kündi­gungs­the­o­rie”). Hat sich der Wil­lens­man­gel aber im Synal­lag­ma selb­st aus­gewirkt und war für das Leis­tungsver­sprechen des Irren­den in quan­ti­ta­tiv­er Hin­sicht bes­tim­mend, wer­den die Leis­tun­gen bei der Rück­ab­wick­lung nach OR 20 II mod­i­fiziert (“Hier ver­mag die Anfech­tung insoweit zurück­zuwirken, als die gegen­seit­i­gen Leis­tun­gen in gerichtlich­er Ver­tragsan­pas­sung neu bew­ertet und bei gegeben­er Kausal­ität des Irrtums auf ihr Gle­ichgewicht nach dem Regelungs­gedanken von Art. 20 Abs. 2 OR mod­i­fiziert wer­den”; BGE 129 III 320 E. 7.1.4).

Diese Grund­sätze gel­ten auch, wenn Leis­tun­gen im Hin­blick auf einen zu schliessenden, aber nicht zus­tande gekomme­nen Ver­trag erbracht wur­den oder bei einem sus­pen­siv bed­ingten, teil­weise erfüll­ten Ver­trag, wenn die Bedin­gung aus­fällt.

Auf dieser Grund­lage hält das BGer Fol­gen­des fest:

Entsprechend ist die Frage, nach welchen Regeln die Ver­tragsrück­ab­wick­lung in Folge eines solchen Wider­rufs erfol­gt, in Anlehnung an die Prax­is zur Rück­ab­wick­lung von mit Entste­hungsmän­geln (Wil­lens­män­gel, For­m­män­gel) behafteten Verträ­gen zu entschei­den bzw. von sus­pen­siv bed­ingten Verträ­gen nach Aus­fall der Bedin­gung, für die im Inter­esse der Rechtssicher­heit und Kohärenz eine möglichst ein­heitliche Regelung anzus­treben ist. Nach dem vorste­hend […] Aus­ge­führten sind auf die strit­tige Forderung auf Rück­er­stat­tung des geleis­teten Geld­be­trags die Regeln der ungerecht­fer­tigten Bere­icherung anzuwen­den, so dass die ein­jährige Ver­jährungs­frist nach Art. 67 OR zum Zug kommt.”