5A_762/2010: Wiederherstellung der elterlichen Obhut

Das Bun­des­gericht weist die Beschw­erde ein­er geschiede­nen Mut­ter ab, die um die Rück­über­tra­gung der elter­lichen Obhut ersuchte (Urteil 5A_762/2010 vom 7. März 2011). Sie hat­te beantragt, ihre drei Kinder im Rah­men ein­er sozialpäd­a­gogis­chen Fam­i­lien­be­gleitung wieder unter ihre Obhut zu stellen.

Es war zu prüfen, ob die Rück­nahme der Kinder aus der Pflege­fam­i­lie, bei welch­er sie sich seit län­ger­er Zeit befan­den, mit dem Kindeswohl vere­in­bart wer­den kann:

2.2.2 Nach der Recht­sprechung des Europäis­chen Gericht­shofs für Men­schen­rechte stellt der Entzug der elter­lichen Obhut einen Ein­griff in das Recht auf Achtung des Fam­i­lien­lebens im Sinne von Art. 8 Ziff. 1 EMRK dar […]. Diese Recht­sprechung hat aber eben­so betont, in Fällen, in denen seit der Unter­bringung des Kindes (in ein­er Pflege­fam­i­lie) beträchtliche Zeit ver­strichen sei, könne das Inter­esse des Kindes, nicht erneut mit ein­er Änderung der beste­hen­den famil­iären Sit­u­a­tion kon­fron­tiert zu wer­den, jenes der Eltern auf Wiedervere­ini­gung der Fam­i­lie überwiegen […].

Im betr­e­f­fend­en Fall waren die Kinder bere­its 2004 bei ein­er Pflege­fam­i­lie platziert wor­den; allerd­ings hat­te die Beschw­erde­führerin auch schon 2006 um eine Rück­über­tra­gung der elter­lichen Obhut beantragt. Da mehr als vier Jahre seit Ein­re­ichung des Gesuchs ver­strichen sind, beste­ht nach Auf­fas­sung des Bun­des­gerichts trotz dieses Antrags „zweifel­sohne ein über­wiegen­des Inter­esse ihrer­seits am Fortbe­stand der beste­hen­den Ver­hält­nisse, das jenes der Mut­ter auf Rück­über­tra­gung der Obhut überwiegt“:

2.2.2 […] Daran ver­mag nichts zu ändern, dass der Beschw­erde­führerin nicht vorge­wor­fen wer­den kann, sie habe sich nicht rechtzeit­ig um eine Rück­über­tra­gung der Obhut bemüht und trage keine Schuld an der sehr lan­gen Dauer des kan­tonalen Abän­derungsver­fahrens. All dies ändert nichts daran, dass über die Jahre eine enge Beziehung zur Pflege­fam­i­lie geschaf­fen wor­den ist, welch­er die Kinder aus Grün­den des Kindeswohls nicht entris­sen wer­den dür­fen.
[…] In diesem Zusam­men­hang ist von Bedeu­tung, dass der Beschw­erde-führerin die Obhut über ihre Kinder in Anwen­dung von Art. 310 ZGB ent­zo­gen wor­den ist und dass ein­mal getrof­fene Mass­nah­men zum Schutz der Kinder nur bei ein­er Änderung der Ver­hält­nisse angepasst wer­den dür­fen (Art. 313 Abs. 1 ZGB).