5A_391/2013: Beschwerdelegitimation betreffend den Entscheid über die Zuführung eines Kindes

A. ist Mut­ter von drei Kindern. Die Tochter B. lebt bei ihrem Vater. Die Vor­mund­schafts­be­hörde Matzin­gen im Kan­ton Thur­gau ent­zog A. die Obhut über die anderen zwei Kinder C. (geb. 2010) und D. (geb. 2011). Um die Kinder in ein­er Pflege­fam­i­lie unterzubrin­gen, zog die Vor­mund­schafts­be­hörde die X. GmbH bei, welche darauf spezial­isiert ist, für Amtsstellen und pri­va­trechtliche Ein­rich­tun­gen Pflege­fam­i­lien zu ver­mit­teln und die Beteiligten während des Pflegev­er­hält­niss­es zu begleit­en und zu beraten.

In der Folge wies das Migra­tionsamt A. und ihre zwei Kinder C. und D. aus der Schweiz aus. A. reiste ohne ihre Kinder nach Marokko. Wenig später stellte die Vor­mund­schafts­be­hörde fest, es sei mit dem Kindswohl vere­in­bar, dass die bei­den Kinder zu ihrer Mut­ter nach Marokko in Begleitung eines Vertreters der Vor­mund­schafts­be­hörde aus­reisen. Gegen diesen Entscheid erhob die X. GmbH am 23. Okto­ber 2012 Beschw­erde. Da der Beschw­erde die auf­schiebende Wirkung nicht erteilt wurde, wur­den die Kinder am 25. Okto­ber 2012 zu ihrer Mut­ter nach Marokko gebracht.

Mit Entscheid vom 13. Feb­ru­ar 2013 wies die Kindes- und Erwach­se­nen­schutzbe­hörde (KESB) Frauen­feld die Beschw­erde mit der Begrün­dung ab, die X. GmbH sei nicht zur Beschw­erde legit­imiert gewe­sen. Das Oberg­ericht und das Bun­des­gericht trat­en auf die jew­eili­gen Beschw­er­den der X. GmbH nicht ein und bestätigten dadurch den Entscheid des KESB.

Das Bun­des­gericht erwog das Fol­gende (BGer. 5A_391/2013 vom 7. Novem­ber 2013):

2.2. Die Kinder C. und D., für deren Wohl sich
die Beschw­erde­führerin vor der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde
Frauen­feld ver­wen­den zu kön­nen glaubt, leben heute unbestrittenermassen
bei ihrer Mut­ter in Marokko […]. Die
Beschw­erde­führerin macht nicht gel­tend, dass sie sich für die Rückkehr
der bei­den Kinder aus Marokko in die Schweiz ein­set­zen wolle und deshalb
darauf angewiesen wäre, bere­its heute und im vor­liegen­den Verfahren
fest­stellen zu lassen, dass sie in einem weit­eren Ver­fahren als
nah­este­hende Per­son im Sinne von Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB
gel­ten und auftreten kön­nte. Damit ist die aufge­wor­fene Rechtsfrage
rein hypo­thetis­ch­er Natur und ohne prak­tis­che Rel­e­vanz, und es fehlt an
der Ein­tretensvo­raus­set­zung des aktuellen und prak­tis­chen Interesses.
Ein Grund, von diesem Erforder­nis eine Aus­nahme zu machen, ist weder
dar­ge­tan noch ersichtlich. Fol­glich kann das Bun­des­gericht auf die
Beschw­erde nicht ein­treten (s. Urteil 5A_229/2007 vom 31. August 2007 E.
2). 

 

2.3. Ste­ht fest, dass die Beschw­erde­führerin kein
schutzwürdi­ges Inter­esse an der Aufhe­bung oder Änderung des
vorin­stan­zlichen Entschei­ds hat, kann offen­bleiben, ob im vorliegenden
Fall über­haupt noch eine Zuständigkeit für die Durch­führung eines
Kindess­chutzver­fahrens in der Schweiz bestand, nach­dem die Kinder
C. und D. am 25. Okto­ber 2012 nach Marokko ausgereist
sind […]. Marokko ist mit Wirkung vom 1. Januar
2002 dem Übereinkom­men vom 19. Okto­ber 1996 über die Zuständigkeit, das
anzuwen­dende Recht, die Anerken­nung, Voll­streck­ung und Zusammenarbeit
auf dem Gebi­et der elter­lichen Ver­ant­wor­tung und der Mass­nah­men zum
Schutz von Kindern (Haager Kindess­chutzübereinkom­men, HKsÜ; SR
0.211.231.011) beige­treten. Nach Art. 5 Abs. 1 HKsÜ
sind die Behör­den und Gerichte jenes Ver­tragsstaates für
Kindess­chutz­mass­nah­men zuständig, in dem das Kind seinen gewöhnlichen
Aufen­thalt hat.”