9C_902/2010: Lebenspartnerrente im Todesfall durch die berufliche Vorsorge (amtl. Publ.)

Mit dem Entscheid 9C_902/2010 vom 14. Sep­tem­ber 2011 hat das Bun­des­gericht weg­weisend entsch­ieden, was unter einem min­destens fünf Jahre unun­ter­brochen geführten gemein­samen Haushalt zu ver­ste­hen ist.

Der 1972 geborene B. war bei der C. GmbH angestellt uns seit 1. Mai 2008 bei Pen­sion­skasse Q. berufsvor­sorgev­er­sichert. B. starb bei einem Unfall am 8. Juni 2008. F. die mit B. gemein­samen 2004 gebore­nen Sohn hat­te, ersuchte die Pen­sion­skasse Q. um Hin­ter­lasse­nen­leis­tun­gen, welche die Pen­sion­skasse Q. mit der Begrün­dung ablehnte, es fehle an einem min­destens fünf Jahre unun­ter­brochen geführten gemein­samen Haushalt. Dage­gen erhob F. beim Ver­wal­tungs­gericht Bern Klage, welch­es diese abwies, woraufhin F. beim Bun­des­gericht Beschw­erde in öffentlich-rechtlichen Angele­gen­heit­en führte. Das Bun­des­gericht hiess die Beschw­erde gut und stellte fol­gen­des fest:

Gemäss Art. 20a Abs. 1 BVG kön­nen die Vor­sorgeein­rich­tun­gen in ihren Regle­menten für de Hin­ter­lasse­nen­leis­tun­gen neben über­leben­den Ehe­gat­ten oder Waisen weit­ere Anspruchs­berechtigte wie z.B. Per­so­n­en, mit denen in den let­zten fünf Jahren bis zum Tod unun­ter­brochen eine Lebens­ge­mein­schaft geführt wurde, vorsehen.

Im Gegen­satz zum BVG sieht das Regle­ment der Pen­sion­skasse Q. in Art. 22 Ziff. 2 Satz 1 nicht bloss eine Lebens­ge­mein­schaft, son­dern einen gemein­samen Haushalt vor. Grund­sät­zlich ist es den Pen­sion­skassen erlaubt, zuläs­sige weit­ere Voraus­set­zun­gen für den Anspruch auf eine Part­nerrente zu bes­tim­men. Jedoch darf ein unun­ter­brochen geführter gemein­samer Haushalt nicht mit ein­er ständi­gen ungeteil­ten Wohnge­mein­schaft an einem fes­ten Wohnort gle­ichge­set­zt werden.

Zum Begriff der Lebens­ge­mein­schaft führte das Bun­des­gericht aus:

Unter dem Begriff der Lebens­ge­mein­schaft im Sinne von Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG ist eine Verbindung von zwei Per­so­n­en gle­ichen oder ver­schiede­nen Geschlechts zu ver­ste­hen, welch­er grund­sät­zlich Auss­chliesslichkeitscharak­ter zukommt, sowohl in geistig-seel­is­ch­er als auch in kör­per­lich­er und wirtschaftlich­er Hin­sicht. Dabei müssen diese Merk­male nicht kumu­la­tiv gegeben sein. Ins­beson­dere ist wed­er eine ständi­ge ungeteilte Wohnge­mein­schaft notwendig, noch dass eine Partei von der anderen mass­ge­blich unter­stützt wor­den war. Entschei­dend ist, ob auf­grund ein­er Würdi­gung sämtlich­er Umstände von der Bere­itschaft bei­der Part­ner, einan­der Bei­s­tand und Unter­stützung zu leis­ten, wie es Art. 159 Abs. 3 ZGB von Ehe­gat­ten fordert, auszuge­hen ist (BGE 134 V 369 E. 6.1.1 sowie E. 7 Ingress und E. 7.1 S. 374 ff.). Für eine im dargelegten Sinne gefes­tigte Lebens­ge­mein­schaft spricht namentlich, wenn die Part­ner zusam­men mit einem gemein­samen Kind wohnen (BGE 134 I 313 E. 5.5 in fine S. 319).

Bezüglich des gemein­samen Haushalts hielt das Bun­des­gericht weit­er fest:

Dabei kann es auf dessen Form und Aus­prä­gung nicht entschei­dend ankom­men, richtet sich doch das Vor­sorg­ere­gle­ment als vor­for­muliert­er Ver­tragsin­halt an einen unbes­timmten Adres­satenkreis, in dem die ver­schieden­sten Arten gemein­samen Haushal­tens sozial üblich sind, vom fest etablierten Wohnen in den eige­nen vier Wän­den bis zur Lebens­ge­mein­schaft, wie sie hier von einem jun­gen Paar wech­sel­nden Aufen­thalts, zum Teil auf Reisen und mit Unter­brüchen, ins­ge­samt aber auf einem klar ersichtlichen und durchge­hen­den Hin­ter­grund gemein­samen Zusam­men­wohnens gestal­tet wurde.