4A_478/2011: Anfechtung von Massnahme-Zwischenentscheiden iSv ZPO 263 vor BGer — nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil

Ein von ein­er US-amerikanis­chen Gesellschaft angestell­ter, in Genf tätiger IT-Experte hat­te 2005 eine Soft­ware entwick­elt. Nach­dem er sein Stelle 2010 gekündigt hat­te, war er ab 2011 bei ein­er Konkur­rentin sein­er früheren Arbeit­ge­berin tätig. Let­ztere hat­te den Ver­dacht, dass der IT-Experte die Soft­ware mitgenom­men hat­te und nun für seine neue Arbeit­ge­berin ver­wen­dete. Sie stelle in Genf ein Gesuch um ein vor­sor­glich­es Ver­bot (StGB 292) der Soft­warenutzung und um Erlass von Beweis­sicherungs­mass­nah­men. Das Gesuch wurde auf­grund ein­er gescheit­erten Nachteil­sprog­nose abgewiesen.

Das BGer wieder­holt zunächst, dass Entschei­de über vor­sor­gliche Mass­nah­men vor Recht­shängigkeit iSv ZPO 263 (dh Entschei­de über vor­sor­gliche Mass­nah­men, die nicht in einem eigen­ständi­gen Ver­fahren erge­hen, son­dern selb­ständig eröffnete Mass­nahme­nentschei­de, die vor oder während eines Hauptver­fahrens erlassen wer­den und nur für die Dauer des Hauptver­fahrens bzw. unter der Bedin­gung, dass ein Hauptver­fahren ein­geleit­et wird) Zwis­ch­enentschei­de darstellen (vgl. dazu den Nespres­so-Entscheid des BGer, E. 1.1), die — da sie wed­er die Zuständigkeit noch den Aus­stand betr­e­f­fen — nur unter den Voraus­set­zun­gen von BGG 93 I beim BGer ange­focht­en wer­den kön­nen, wobei die Alter­na­tive von lit. b (sofor­tiger Endentscheid) auss­er Betra­cht fällt. Die Anfech­tung set­zt daher einen nicht wieder gutzu­machen­den Nachteil voraus (BGG 93 I a). In Betra­cht kom­men dabei nur rechtliche Nachteile.

Früher war das BGer davon aus­ge­gan­gen, es liege auf der Hand, dass ein solch­er Entscheid (gemeint ist: ein Mass­nahme-Zwis­ch­enentscheid) einen nicht wieder gutzu­machen­den Nachteil bewirken könne (BGE 134 I 83 (Botox/Botoina). Dies hat es in BGE 137 III 324 (Nespres­so) dahinge­hend präzisiert, es sei fraglich, ob an diesem Ver­ständ­nis des nicht wieder gutzu­machen­den Nachteils fest­ge­hal­ten wer­den könne. Jeden­falls müsse der Beschw­erde­führer, der einen Mass­nah­meentscheid beim Bun­des­gericht anficht, in Zukun­ft in der Beschw­erde­be­grün­dung aufzeigen, inwiefern ihm im konkreten Fall ein nicht wieder gutzu­machen­der Nachteil rechtlich­er Natur dro­ht. Die Beschw­erde­führer hat­ten dies im vor­liegen­den Ver­fahren unter­lassen. Da ihre Beschw­erde aber vor dem Nespres­so-Urteil ein­gere­icht wor­den war, trat das BGer auf die Beschw­erde den­noch ein.

Mit Bezug auf das Gesuch um ein vor­sor­glich­es Ver­bot der Soft­warenutzung hielt das BGer fest, ein nicht leicht wiedergutzu­machen­der Nachteil sei — angesichts der Möglichkeit zur Gewinnab­schöp­fung iSv UWG 9 III bzw URG 62 II iVm OR 423 — nicht zu erkennen.

Mit Bezug auf das Beweis­sicherungs­begehren (ZPO 158) liegt die Sache anders. Die Vere­it­elung des Rechts auf den Beweis stellt einen rechtlichen Nachteil dar. Ob die Gefahr ein­er Beweisvere­it­elung beste­ht, hängt mit der Begrün­de­theit des Gesuchs zusam­men und kann daher nicht im Ein­tretenssta­di­um geprüft wer­den. Da das kan­tonale Gericht diese Frage aber willkür­frei (BGG 98) verneint hat­te, bestand auch in dieser Hin­sicht keine Gefahr eines nicht leicht wiedergutzu­machen­den Nachteils.