2C_588/2011: Keine steuerliche Abzugsfähigkeit von Kosten für Privatschule als “behinderungsbedingt”, u.a. da Schule auch Nichtbehinderten offenstand

Der Sohn (*1988) der Beschw­erde­führer litt seit Geburt an einem von der IV anerkan­nten Geburts­ge­brechen (infan­tiles psy­choor­gan­is­ches Syn­drom, POS). Die Beschw­erde­führer beantragten, die Kosten für den Besuch ein­er pri­vat­en Han­delss­chule für die Aus­bil­dung ihres Sohnes zum Kauf­mann zum Abzug zuzu­lassen. Diese Schule stand auch Nicht­be­hin­derten offen.

Die Kosten wur­den vom BGer nicht zum Abzug zuge­lassen, wed­er als Weit­er­bil­dungskosten noch als behin­derungs­be­d­ingte Kosten.

Aus dem Entscheid:

Die Kosten für die Han­delss­chule waren keine Weiterbildungs‑, son­dern Aus­bil­dungskosten und deshalb als Leben­shal­tugn­skosten nicht abzugs­fähig. Der Sohn absolvierte eine kaufmän­nis­che Aus­bil­dung und erwarb im Jahr 2006 das Han­dels­diplom VSH und im Jahre 2007 das Eid­genös­sis­che Fähigkeit­szeug­nis als Kauf­mann mit erweit­ert­er Grund­bil­dung. Es ging dabei um die gewöhn­liche (ordentliche) Aus­bil­dung im Rah­men ein­er Han­delss­chule. (E 2.1 und 2.2).

Zu prüfen war weit­er der Abzug der Aus­bil­dungskosten als behin­derungs­be­d­ingte Kosten:

  • Als Men­sch mit Behin­derung gilt eine Per­son, der es eine voraus­sichtlich dauernde kör­per­liche, geistige oder psy­chis­che Beein­träch­ti­gung erschw­ert oder verun­möglicht, alltägliche Ver­rich­tun­gen vorzunehmen, soziale Kon­tak­te zu pfle­gen, sich fortzube­we­gen, sich aus- oder fortzu­bilden oder eine Erwerb­stätigkeit auszuüben (Behin­derten­gle­ich­stel­lungs­ge­setz, BehiG 2 I). Die Abzugs­fähigkeit von Kosten set­zt voraus, dass diese als direk­te Folge ein­er Behin­derung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 BehiG anfall­en. Auf die Ther­a­pie oder Ther­a­piefähigkeit kommt es nicht an; es geht nicht um die Besei­t­i­gung oder Milderung des Gebrechens. Das BehiG bezweckt vielmehr die soziale und beru­fliche Inte­gra­tion trotz Gebrechen. (E. 3.2)
  • Aus dieser Sicht ist zu beurteilen, ob die zum Abzug beantragten Kosten ein­er Mass­nahme zur Inte­gra­tion von kör­per­lich, geistig und psy­chisch behin­derten Men­schen in die Gesellschaft dienen oder nicht. Zu beacht­en ist, dass solche Kosten — gle­ich wie auch die Abzüge für Krankheit­skosten — von den Leben­shal­tungs- und Luxu­skosten abzu­gren­zen sind.
  • Gemäss ESTV Kreiss­chreiben 11 vom 31. August 2005 sind die durch den Besuch ein­er Pri­vatschule bed­ingten Mehrkosten als behin­derungs­be­d­ingte Kosten abzugs­fähig, wenn es sich beim Besuch der Pri­vatschule um die einzig mögliche und notwendi­ge Mass­nahme für eine angemessene schulis­che Aus­bil­dung des behin­derten Kindes handelt.

Vor­liegend besuchte der Sohn der Beschw­erde­führer eine pri­vate Schule, die auch nicht­be­hin­derten Per­so­n­en offen­stand, und es war nicht nachgewiesen, dass er wegen sein­er Behin­derung in schulis­ch­er Hin­sicht zusät­zlich­er Betreu­ung bedurfte. Es war vielmehr so, dass er trotz sein­er Behin­derung eine pri­vate Han­delss­chule erfol­gre­ich absolvieren und beste­hen kon­nte. Entsprechend waren die Schulkosten keine “behin­derungs­be­d­ingten Kosten” und damit auch nicht abzugsfähig.