4A_210/2012: sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts für Konsumentenstreitigkeiten bejaht (amtl. Publ.)

Im Entscheid 4A_210/2012 (zur amtl. Publ. vorge­se­hen) bejahte das Bun­des­gericht die sach­liche Zuständigkeit des Han­dels­gerichts (Zürich) für die Klage ein­er Kundin gegenüber einem exter­nen Vermögensverwalter. 

Strit­tig war die Ausle­gung von Art. 6 Abs. 3 ZPO, wonach die kla­gende Partei zwis­chen dem Han­dels­gericht und dem ordentlichen Gericht wählen kann, falls nur die beklagte Partei im Han­del­sreg­is­ter einge­tra­gen ist, jedoch “die übri­gen Voraus­set­zun­gen” [Abs. 2 lit. a und b] gegeben sind. 

Das Han­dels­gericht Zürich bejahte seine sach­liche Zuständigkeit; eine Min­der­heit des Gerichts hat­te indes eine restrik­tive Ausle­gung vertreten: die Zuständigkeit des Han­dels­gerichts nach Art. 6 Abs. 3 ZPO set­ze voraus, dass es sich um eine “han­del­srechtliche Stre­it­igkeit” im materiellen Sinne han­dle, d.h. um eine geschäftliche Stre­it­igkeit unter Kau­fleuten bzw. Unternehmen, unter Auss­chluss ins­beson­dere von Konsumentenstreitigkeiten. 

Das Bun­des­gericht teilte diese Min­der­heitsmei­n­ung des Han­dels­gerichts nicht: 

2.11 Wenn die Min­der­heit der Vorin­stanz und der Beschw­erde­führer als uner­wün­scht eracht­en, dass Rechts­fra­gen des Kon­sum­rechts in die Zuständigkeit des Han­dels­gerichts fall­en, so verken­nen sie, dass die Option für Kon­sumentin­nen und Kon­sumenten vom Geset­zge­ber klar gewollt war und im zutr­e­f­fend ver­stande­nen Art. 6 Abs. 3 ZPO auch deut­lich zum Aus­druck gelangt. Wenn die Stre­it­igkeit die geschäftliche Tätigkeit der im Han­del­sreg­is­ter einge­tra­ge­nen Partei bet­rifft, so kann — sofern die Beschw­erde ans Bun­des­gericht offen ste­ht, also ins­beson­dere der entsprechende Stre­itwert erre­icht ist — auch ein Kon­sument oder eine Kon­sumentin die Stre­it­igkeit vor das Han­dels­gericht tra­gen. Demge­genüber ste­ht ein­er im Han­del­sreg­is­ter einge­tra­ge­nen Partei die Wahl des ordentlichen Gerichts mit dop­pel­tem Instanzen­zug in den Kan­to­nen mit Han­dels­gericht nicht offen. Nur wenn die Stre­it­igkeit die geschäftliche Tätigkeit der beklagten Partei nicht bet­rifft, sind die “übri­gen Voraus­set­zun­gen” nach Art. 6 Abs. 2 ZPO insofern nicht erfüllt und ste­ht der kla­gen­den Partei die Wahlmöglichkeit nach Art. 6 Abs. 3 ZPO nicht offen. 

Zusam­men­fassend kam das Bun­des­gericht zu fol­gen­dem Schluss: 

3. Die Beschw­erdegeg­ner­in ist nach den verbindlichen Fest­stel­lun­gen der Vorin­stanz eine Pri­vat­per­son, die eine Zivil­forderung gegen den im Han­del­sreg­is­ter einge­tra­ge­nen Beschw­erde­führer ein­klagt, die sie aus dessen geschäftlich­er Tätigkeit als Ver­mö­gensver­wal­ter her­leit­et. Sie kann sich somit auf das Wahlrecht stützten, das ihr Art. 6 Abs. 3 ZPO ver­lei­ht und ihre Forderung gegen den im Kan­ton Zürich dom­izilierten Beschw­erde­führer vor dem Han­dels­gericht ein­kla­gen. Die Vorin­stanz hat ihre sach­liche Zuständigkeit zu Recht bejaht. […]