Im Entscheid 4A_110/2012 vom 9. Oktober 2012 befasste sich das Bundesgericht mit der Frage, ob der Beschwerdeführer die Ablehnung des von der Beschwerdegegnerin ernannten Schiedsrichters verspätet geltend gemacht hatte.
Der Beschwerdeführer, ein lizenzierter Mountainbiker, wurde von seinem Radsportverband aufgrund zwei positiver Dopingproben mit einer zweijährigen Sperre und einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 7’500 gemäss Art. 326 des Anti-Doping Reglements des internationalen Radsportverbands gebüsst. Gegen diese Entscheidung erhob der internationale Radsportverband beim Tribunal Arbitral du Sport (TAS) Berufung.
Bei der Anhörung vor dem Schiedsgericht im Juli 2011 fragte der Vertreter des Beschwerdeführers den vom internationalen Radsportverband ernannten Schiedsrichter, ob er der Auffassung sei, den vorliegenden Fall unparteiisch beurteilen zu können, obwohl er bereits zweimal als vom internationalen Radsportverband ernannter Schiedsrichter über Bussen gemäss Art. 326 des Anti-Doping Reglements zu befinden hatte. Nachdem der angefragte Schiedsrichter diese Frage bejaht hatte, erklärte der Verteter, kein Problem mit der Zusammensetzung des Schiedsgericht zu haben.
Im Dezember 2011 begann der Vertreter des Beschwerdeführers, sich sowohl beim internationalen Radsportverband als auch beim TAS nach weiteren Fällen zu informieren, die Bussen gemäss Art. 326 des Anti-Doping Reglements zum Gegenstand hatten. Insbesondere erkundigte sich der Vertreter nach der Identität des vom internationalen Radsportverband ernannten Schiedsrichters. Im Laufe dieser Nachforschungen erfuhr der Beschwerdeführer, dass der internationale Radsportverband denselben Schiedsrichter in weniger als einem Jahr in mindestens fünf anderen Fällen ernannt hatte. Der Beschwerdeführer erhob in der Folge Beschwerde vor Bundesgericht und berief sich dabei auf Art. 190 Abs. 2 lit. a und lit. d IPRG.
Das Bundesgericht befasste sich zuerst mit dem Vorwurf, wonach das Schiedsgericht vorschriftswidrig zusammengesetzt gewesen sei (Art. 190 Abs. 2 lit. a IPRG). Nach allgemeinen Ausführungen, wonach eine Partei ihr Ablehnungsbegehren unverzüglich seit Kenntnis des Ablehnungsgrundes einzureichen hat, wandte sich das Bundesgericht der Frage zu, in welchem Zeitpunkt der Vertreter des Beschwerdeführers erfahren hatte, dass der in Frage stehende Schiedsrichter auch in weiteren, ähnlich gelagerten Fällen vom internationalen Radsportverband als Schiedsrichter ernannt worden war. Das Bundesgericht gelangte zum Schluss, dass der Vertreter im Zeitpunkt der Anhörung im Juli 2011, als er erklärte, kein Problem mit der Zusammensetzung des Schiedsgerichts zu haben, von mindestens drei solchen Fällen gewusst haben musste. Das Bundesgericht ergänzte, dass der Vertreter selbst in seiner Publikation aus dem Jahre 2005 bemerkt hatte, dass der streitbetroffene Schiedsrichter fast immer vom internationalen Radsportverband als Schiedsrichter ernannt würde.
Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben folge, dass der Vertreter seit Kenntnis des zweiten Falles unverzüglich die Ablehnung hätte geltend machen müssen, zumindest aber habe ihn die Pflicht getroffen, Nachforschungen zu betreiben. Der Vertreter hätte daher den Schiedsrichter bei der Anhörung fragen müssen, wieviele Male er bereits vom internationalen Radsportverband als Schiedsrichter ernannt worden sei und wieviele Fälle davon ähnlich gelagert gewesen seien. Je nach Antwort, die er erhalten hätte, hätter er sofort die Ablehnung des Schiedsrichters erklären müssen (E. 2.2.2):
Par conséquent, les règles de la bonne foi, dont l’art. R34 du Code est l’expression, exigeaient de lui, sinon qu’il récusât Me Carrard dans les sept jours après avoir pris connaissance de la seconde de ces deux sentences, à tout le moins, pour remplir son devoir de curiosité (cf. ATF 136 III 605 consid. 3.4.2 p. 618), qu’il demandât formellement à cet arbitre, au cours de l’audience de jugement du 13 juillet 2011, combien de fois il avait été nommé par l’UCI pour intégrer une Formation du TAS, appelée ou non à trancher la susdite question de l’amende à infliger au coureur cycliste suspendu pour deux ans ou plus, et, suivant les réponses qui lui seraient données, qu’il requît sans tarder la récusation de cet arbitre.
Das Bundesgericht wies das Argument zurück, der Schiedsrichter hätte von sich aus die Anzahl der Fälle offenlegen sollen, in denen er vom internationalen Radsportverband ernannt worden war und in denen er über die Busse gemäss Art. 326 des Anti-Doping-Reglements zu befinden hatte. Einen Schiedsrichter treffe nur die Pflicht, diejenigen Ablehnungsgründe offenzulegen, bei denen er Grund zur Annahme habe, dass sie der betreffenden Partei nicht bekannt seien (E. 2.2.2):
Aussi ne saurait-il justifier le fait de n’avoir pas poussé plus avant ses investigations, à ce moment-là, quant au nombre de fois que Me Carrard avait été désigné comme arbitre par l’intimée, en faisant valoir que l’arbitre en question aurait méconnu son devoir de révéler spontanément pareille circonstance (disclosure; cf. BERGER/KELLERHALS, International and Domestic Arbitration in Switzerland, 2e éd. 2010, nos 897 à 900). Semblable devoir n’existe, d’ailleurs, qu’à l’égard des faits dont l’arbitre a des raisons de penser qu’ils ne sont pas connus de la partie qui pourrait s’en prévaloir (ATF 111 Ia 72 consid. 2c i.f., p. 76).
Das Bundesgericht folgerte, dass der Beschwerdeführer die Zusammensetzung des Schiedsgerichts daher verspätet beanstandet hatte.
Das Bundesgericht wandte sich daraufhin dem Argument zu, das Schiedsgericht hätte das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt, weil es sich bei seinem Entscheid auf zwei unpublizierte Schiedsentscheide gestützt hatte, an denen die Beschwerdegegnerin als Partei und der in Frage stehende Schiedsrichter als parteiernannter Schiedsrichter beteiligt gewesen waren. Das Bundesgericht erklärte, dass sich weder die Beschwerdegegnerin auf diese Entscheide gestützt noch sich das Schiedsgericht auf diese Entscheide berufen hatte, als es die im Streit liegenden Fragen abgehandelt hatte. Das Bundesgericht erklärte weiter, dass Schiedsentscheide für andere Schiedsgerichte ohnehin nicht bindend seien (E. 3.2.1):
Ensuite, il n’est pas sûr que les sentences du TAS puissent être qualifiées de principes juridiques au sens de la jurisprudence fédérale précitée. En effet, à l’inverse du Tribunal fédéral qui, en sa qualité d’autorité judiciaire suprême de la Confédération, prononce des arrêts ayant valeur de précédents pour les juridictions inférieures, les arbitres, dont le pouvoir résulte essentiellement de la volonté des parties, ne rendent pas des sentences dont les solutions s’imposeraient nécessairement à un autre tribunal arbitral appelé à trancher la même question, de sorte qu’il paraît difficile, en théorie du moins, de considérer la jurisprudence arbitrale comme étant une source du droit de l’arbitrage (RIGOZZI, op. cit., n° 432, lequel auteur relève toutefois que “la pratique juridique est tout autre” [op. cit., nos 433 à 435]).
Das Bundesgericht wies die Beschwerde in der Folge ab.