6B_310/2012: Legitimation des Privatklägers zur Einsprache gegen Strafbefehl (amtl. Publ.)

Im Urteil 6B_310/2012 vom 11. Dezem­ber 2012 (amtl. Publ.) geht es um die Frage, ob die Pri­vatk­läger­schaft einen Anspruch auf eine Parteientschädi­gung hat, wenn es zu ein­er Verurteilung der beschuldigten Per­son kommt, die Zivil­forderung jedoch auf den Zivil­weg ver­wiesen wird: Die Staat­san­waltschaft muss im Straf­be­fehl über die nach Ermessen festzuset­zende Entschädi­gung gemäss Art. 433 StPO befind­en. Will der Pri­vatk­läger gegen den Straf­be­fehl vorge­hen, ist er als
weit­er­er Betrof­fen­er im Sinne von Art. 354 Abs. 1 lit. b StPO zur
Ein­sprache berechtigt.

4.4 Wird die Zivilk­lage auf den Zivil­weg ver­wiesen, kann die Pri­vatk­läger­schaft in ihrer Funk­tion als Zivilk­lägerin indessen nicht als obsiegende und jeden­falls bei Erlass eines Straf­be­fehls auch nicht als unter­liegende Partei im Sinne von Art. 432 Abs. 1 StPO gel­ten […]. Auss­chliesslich mit der Zivilk­lage zusam­men­hän­gende Anwalt­skosten oder ander­weit­ige Aus­la­gen der Pri­vatk­läger­schaft, die einzig den Zivilpunkt betr­e­f­fen, sind im Falle der Ver­weisung der Zivilk­lage auf den Zivil­weg daher nicht im Strafver­fahren zu entschädi­gen. Die Pri­vatk­läger­schaft muss ihre dies­bezüglichen Aufwen­dun­gen mit der Zivil­forderung gel­tend machen […]. Anders zu entschei­den würde bedeuten, dass sich die Staat­san­waltschaft vor­frageweise auch zum Bestand der Zivil­forderung äussern müsste, anson­sten eine Verurteilung des Beschuldigten zu den anwaltlichen Aufwen­dun­gen der Pri­vatk­läger­schaft im Zivilpunkt nicht denkbar erscheint. Dies wäre mit Blick auf die noch bevorste­hende zivil­rechtliche Auseinan­der­set­zung nicht sachgerecht und ist auch nicht Auf­gabe der Staatsanwaltschaft.

5.2.1 […] Die Pri­vatk­läger­schaft, die mit ihrer Strafk­lage obsiegt, hat Anspruch auf eine angemessene Entschädi­gung für notwendi­ge Aus­la­gen der pri­vat­en Ver­beistän­dung (oben E. 4.3). Ist die Pri­vatk­läger­schaft der Auf­fas­sung, im Straf­be­fehl sei ihr zu Unrecht eine Entschädi­gung ganz oder teil­weise ver­weigert wor­den, ist sie als weit­ere Betrof­fene im Sinne von Art. 354 Abs. 1 lit. b StPO zur Ein­sprache gegen den Straf­be­fehl legit­imiert […]). Insoweit ist der Straf­be­fehl auch der Pri­vatk­läger­schaft zuzustellen (vgl. Art. 353 Abs. 2 StPO [sic!; …]). Bezieht sich die Ein­sprache nur auf die Kosten und Entschädi­gun­gen oder weit­ere Neben­fol­gen, so entschei­det das Gericht in einem schriftlichen Ver­fahren, es sei denn, die Ein­sprache erhebende Per­son ver­lange aus­drück­lich eine Ver­hand­lung (Art. 356 Abs. 6 StPO).