4A_113/2012: Qualifikation des Pflege- und Pensionsvertrags; Vorschriften betr. Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen Preiserhöhung nicht anwendbar

Das BGer hat­te im vor­liegen­den Urteil eine Forderung aus einem Pen­sions- und Pflegev­er­trag zu beurteilen. Darin ver­sprach die Pen­sion, zu einem Preis von ca. CHF 5’200 p.m. “ein umfassendes Ange­bot an Dien­stleis­tun­gen […] ins­beson­dere Wohnen, Betreu­ung, Pflege, Verpfle­gung sowie übrige Dienstleistungen.“Die Pen­sion hat­te das Recht, den Pen­sion­spreis jährlich den verän­derten wirtschaftlichen Ver­hält­nis­sen (und den Ver­trag auch son­st) anzupassen.

Die kan­tonalen hat­ten diesen Ver­trag als Innom­i­natver­trag mit 
mietrechtlichen, auftrags‑, kauf- oder werkver­traglichen Ele­menten
qual­i­fiziert. Fraglich war jedoch, welche Bedeu­tung das mietrechtliche Ele­ment hat­te und ob auf Preisän­derun­gen OR 269 ff. (betr. miss­bräuch­liche Miet­zinse) zur Anwen­dung kom­men soll­ten, weil die Pen­sion den Preis erhöht hat­te, ohne das mietrechtlich vorgeschriebene For­mu­lar zu benutzen. Die Vorin­stanz hat­te nach dem “Regelungss­chw­er­punkt” des Ver­trags gesucht und fest­ge­hal­ten, nicht das miet‑, son­dern das auf­tragsrechtliche Ele­ment über­wiege, weil das Schw­ergewicht des Ver­trags auf der Betreu­ung liege. Daher sei die  mietrechtliche Sozialschutzge­set­zge­bung nicht anwendbar. 

Nach OR 253b I gel­ten die Bes­tim­mungen über den Schutz vor miss­bräuch­lichen Miet­zin­sen sin­ngemäss auch für andere Verträge, “die im Wesentlichen die Über­las­sung von Wohn- oder Geschäft­sräu­men gegen Ent­gelt regeln”. Dass ein mietrechtlich­es Ele­ment vor­lag, war unstrit­tig. Zu prüfen blieb lediglich, ob es sich dabei um das wesentliche Ver­tragse­le­ment han­delte. Das BGer kam zum Ergeb­nis, dass das mietrechtliche Ele­ment nicht über­wiege. Der Zweck des Ver­trags liege darin, dem Pen­sionär durch die neben der Wohn­raumüber­las­sung ange­botene Betreu­ung und die weit­eren Leis­tun­gen so lange wie möglich das Wohnen in den von ihm benutzten Räum­lichkeit­en zu ermöglichen. Die mietver­traglichen Ele­mente kon­nten daher nicht los­gelöst von den übri­gen für
die Gesamt­preis­gestal­tung wesentlichen Ele­menten betra­chtet wer­den, denn die Betreu­ung bilde “ein ganz wesentlich­es für den Ver­tragss­chluss entschei­den­des” Ele­ment. Damit könne nicht gesagt wer­den, die getrof­fene Vere­in­barung regle im Wesentlichen die Über­las­sung von Wohn- oder Geschäft­sräu­men gegen Ent­gelt. Damit war die Preis­er­höhung auch nicht wegen Ver­stoss­es gegen die mietrechtliche For­mu­la­rpflicht nichtig.