4A_492/2012: Kein Grundlagenirrtum wegen Fehlens einer vorausgesetzten Eigenschaft bei gültiger Freizeichnungsklausel

Ein Grund­la­genir­rtum ist aus­geschlossen, wenn die Käuferin ein­er Liegen­schaft im Kaufver­trag gültig erkärt, sich bei den Behör­den über die zuläs­sige Nutzung des Grund­stücks erkundigt zu haben und sich später her­ausstellt, dass das Gebäude nicht dauernd bewohnt wer­den darf. Zu diesem Schluss kommt das Bun­des­gericht im Urteil 4A_492/2012 vom 22. Novem­ber 2012. 

Sachver­halt:
Die Käuferin ein­er Liegen­schaft erk­lärte im öffentlich beurkun­de­ten Kaufver­trag, sich bei den zuständi­gen Behör­den über die Möglichkeit­en zur Bewoh­nung erkundigt zu haben und die betr­e­f­fende Zone zu ken­nen. Der Verkäufer und der Immo­bilien­mak­ler wussten, dass die Käuferin das Gebäude ganzjährig bewohnen woll­ten. Die Eigen­tum­süber­tra­gung erfol­gte im gegen­wär­ti­gen Zus­tand des Kau­fob­jek­ts unter Auss­chluss jed­er Gewährleis­tung mit Aus­nahme von arglistig ver­schwiege­nen Män­geln. Unge­fähr ein Jahr nach dem Erwerb unter­sagte die zuständi­ge Behörde die von der Käuferin angestrebten Ren­ovierungsar­beit­en, weil das Bewohnen während mehr als drei Monat­en pro Jahr zu ein­er unzuläs­si­gen Zweck­än­derung führen würde.

Erwä­gun­gen:
Bei ein­er man­gel­haften Sache kann der Käufer wahlweise nach Wan­delung gemäss Art. 205 Abs. 1 OR oder Irrtum­san­fech­tung gemäss Art. 23 OR vorge­hen. Die Unmöglichkeit des dauern­den Bewohnens stellt einen schw­er­wiegen­den Man­gel dar. Ein Grund­la­genir­rtum liegt vor, wenn sich eine Partei über einen Sachver­halt geir­rt hat, welchen sie nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendi­ge Grund­lage des Ver­trags betra­cht­en durfte.

In casu fällt ein Grund­la­genir­rtum schon deshalb auss­er Betra­cht, weil die rechtliche Unmöglichkeit, das Gebäude dauer­haft zu bewohnen, nicht erstellt ist. Das Bun­des­gericht lässt es offen, ob das dauernde anstatt spo­radis­che Bewohnen über­haupt eine Zweck­än­derung darstellt und eine Aus­nah­me­be­wil­li­gung i.S.d. Raum­pla­nungs­ge­set­zes erfordert hätte. 

Zudem kann sich ein Käufer grund­sät­zlich dann nicht auf einen Grund­la­genir­rtum berufen, wenn ein Man­gel später auftritt und von ein­er gülti­gen Freize­ich­nungsklausel erfasst ist. Durch eine solche Klausel hat der Käufer zum Aus­druck gebracht, dass die Qual­ität oder Eig­nung für ihn keine notwendi­ge Ver­trags­grund­lage darstellt. Die Freize­ich­nungsklausel find­et allerd­ings keine Anwen­dung auf Män­gel, welche ausser­halb dessen liegen, wom­it der Käufer vernün­ftiger­weise rech­nen musste, oder welche den wirtschaftlichen Zweck des Ver­trags weit­ge­hend vereiteln.