Hearingbericht zum Projekt “Finanzdienstleistungsgesetz” veröffentlicht

Die Steuerungs­gruppe des Pro­jek­ts “Finanz­di­en­stleis­tungs­ge­setz” hat heute ihren Hear­ing­bericht über mögliche Stoss­rich­tun­gen des geplanten Reg­ulierungsvorhabens veröf­fentlicht (vgl. die Medi­en­mit­teilung).  Der Bun­desrat hat­te das EFD am 28. März 2012 beauf­tragt, in Zusam­me­nar­beit mit dem EJPD und der FINMA eine Vernehm­las­sungsvor­lage für ein Finanz­di­en­stleis­tungs­ge­setz zu erar­beit­en. Gegen­stand des Pro­jek­ts ist neben der Verbesserung des Kun­den­schutzes auch die Anpas­sung und Vere­in­heitlichung der gel­tenden finanz­mark­trechtlichen Regelungen.

Aus dem Hearingbericht:

Verän­dert­er Kreis der Beaufsichtigten

1. Die Anforderun­gen an die Ver­mö­gensver­wal­ter müssen ange­hoben wer­den. Sie müssen zukünftig
die Ver­hal­tensregeln für Finanz­di­en­stleis­ter ein­hal­ten und sollen pru­den­ziell überwacht werden.

2. Zur Diskus­sion gestellt wird die Art und Weise der Überwachung von Vermögensverwaltern.
Denkbar sind fol­gende Varianten:
a. Unter­stel­lung unter die Ver­hal­tensregeln des FIDLEG und Auf­sicht durch eine oder mehrere
zu schaf­fende Selbstregulierungsorganisationen;
b. Unter­stel­lung unter die Ver­hal­tensregeln des FIDLEG und Auf­sicht durch die FINMA.

3. Die Bewil­li­gungspflicht für Ver­trieb­sträger kollek­tiv­er Kap­i­ta­lan­la­gen sowie die beste­hende Registrierungspflicht
für Ver­sicherungsver­mit­tler sollen durch die Anforderun­gen an Kundenberater
und die damit ver­bun­dene Reg­istrierungspflicht abgelöst werden.

Doku­men­ta­tion der Produkteigenschaften 

4. In der Schweiz oder von der Schweiz aus ange­botene Effek­ten sollen ein­er Prospek­tpflicht unterstehen.
Die Prospek­te sind nach einem normierten Schema zu erstellen und haben Angaben
über das Pro­dukt, den Pro­duzen­ten sowie weit­ere verpflichtete Per­so­n­en zu enthal­ten. Weiter
sollen Prospek­te über die mit einem Pro­dukt ver­bun­de­nen Risiken informieren.

5. Für kom­plexe Finanzpro­duk­te, die in der Schweiz oder von der Schweiz aus ange­boten werden,
haben die Pro­duzen­ten ein Key Investor Doc­u­ment (KID) zu erstellen. Das KID soll über die wesentlichen
Pro­duk­teigen­schaften, Risiken und Kosten aufk­lären und einen Ver­gle­ich zwischen
ver­schiede­nen Finanzpro­duk­ten ermöglichen.

6. Der Prospekt und das KID sollen dem Anleger grund­sät­zlich zum Zeit­punkt des Anlageentscheids
zur Ver­fü­gung ste­hen. Wer­bung soll als solche erkennbar und wahrheits­ge­treu sein.
Regeln zur Fol­gepub­liz­ität sollen die Trans­parenz über das Pro­dukt auch nach erfol­gter Anlage
sicherstellen.

7. Der Prospekt und das KID sollen ein­er Behörde zur formellen Kon­trolle vorgelegt wer­den. Der
Pro­duzent muss die Pro­duk­t­doku­men­ta­tion veröf­fentlichen, sobald die Kun­den auf die Möglichkeit
des Erwerbs eines Pro­duk­ts aufmerk­sam gemacht werden.

Ver­hal­ten und Organ­i­sa­tion der Finanzdienstleister 

8. Finanz­di­en­stleis­ter haben ihre Kun­den über Inhalt und Kosten ihrer Dien­stleis­tung sowie über
die Eigen­schaften, Kosten und Risiken der ange­bote­nen Pro­duk­te zu informieren, bevor sie eine
Finanz­di­en­stleis­tung erbringen.

9. Finanz­di­en­stleis­ter sollen sich vor der Aus­führung eines Geschäfts nach den Ken­nt­nis­sen und
Erfahrun­gen ihres Kun­den in Bezug auf das zu erbrin­gende Geschäft erkundi­gen. Eracht­en sie
ein Geschäft für unangemessen, haben sie den Kun­den darauf aufmerk­sam zu machen. Vor der
Erteilung ein­er Empfehlung sowie im Rah­men der Ver­mö­gensver­wal­tung haben Finanzdienstleister
zu beurteilen, ob sich ein Geschäft für den Kun­den eignet.

10. Finanz­di­en­stleis­ter haben den Umfang und Gegen­stand der vere­in­barten Dien­stleis­tung sowie
ihre Abklärun­gen in Bezug auf die Eig­nung und Angemessen­heit eines Geschäfts für den Kunden
zu doku­men­tieren und über die erbracht­en Leis­tun­gen trans­par­ent Rechen­schaft abzulegen.

11. Finanz­di­en­stleis­ter sollen ins­beson­dere Mass­nah­men zur Ver­mei­dung von Interessenkonflikten
zwis­chen ihnen bzw. ihren Mitar­bei­t­en­den und ihren Kun­den treffen.

12. Drittvergü­tun­gen sind offen zu leg­en und sollen nur zuläs­sig sein, soweit die Inter­essen der
Kun­den gewahrt bleiben und die Vergü­tung zu ein­er erhöht­en Qual­ität der Dien­stleis­tung beiträgt.

Aus­bil­dung der Kundenberater

13. Kun­den­ber­ater müssen über hin­re­ichende Ken­nt­nisse der Ver­hal­tensregeln ver­fü­gen. Mittels
regelmäs­siger Weit­er­bil­dung soll ihr Wis­sen zu den Ver­hal­tensregeln sichergestellt werden.

14. Kun­den­ber­ater müssen über die notwendi­ge Fachkunde ver­fü­gen, um die ange­bote­nen Dienstleistungen
zu erbrin­gen. Mit­tels regelmäs­siger Weit­er­bil­dung sollen ihre Fachken­nt­nisse sichergestellt
werden.

15. Nur bei Nach­weis ein­er genü­gen­den Aus- und regelmäs­siger Weit­er­bil­dung in Fachkunde und
über die Ver­hal­tensvorschriften wer­den die Kun­den­ber­ater in einem öffentlichen Verze­ich­nis eingetragen.
Wer nicht über einen entsprechen­den Reg­is­tere­in­trag ver­fügt, darf nicht als Kundenberater
tätig werden.

Durch­set­zung der Ansprüche von Privaten 

16. Macht ein Kunde eine Ver­let­zung der Ver­hal­tensregeln durch einen Finanz­di­en­stleis­ter geltend,
soll eine zivil­rechtliche Beweis­las­tumkehr zur Anwen­dung kom­men. Darüber hin­aus sollen die
Kun­den gegenüber ihrem Finanz­di­en­stleis­ter jed­erzeit eine Kopie ihres Kun­den­dossiers verlangen
können.

17. Das Ombudswe­sen soll gestärkt wer­den. Dies kann durch die Ein­führung ein­er Anschlusspflicht
an eine Ombudsstelle mit Empfehlungskom­pe­tenz geschehen. Als Alter­na­tive wird die Einrichtung
ein­er staatlichen Ombudsstelle mit Entschei­d­kom­pe­tenz zur Diskus­sion gestellt.

18. Die Ombudsstelle spricht nach der Prü­fung des Fall­es eine Empfehlung aus oder erlässt eine
Entschei­dung. Kommt sie zum Schluss, dass der Anspruch des Kun­den wahrschein­lich berechtigt
ist, soll der Finanz­di­en­stleis­ter – soweit er den Anspruch weit­er­hin nicht anerken­nt – dazu
verpflichtet wer­den, dem Kun­den die Prozess- und Gericht­skosten für die Ein­leitung ein­er Klage
sowie für das anschliessende Ver­fahren (ohne Rück­zahlungspflicht des Kun­den im Fall des Unterliegens)
zur Ver­fü­gung zu stellen.

Gren­züber­schre­i­t­ende Tätigkeit in die Schweiz 

19. Aus­ländis­che Finanz­di­en­stleis­ter sollen bei der gren­züber­schre­i­t­en­den Erbringung von Finanzdienstleistungen
in die Schweiz die gle­ichen Ver­hal­tensregeln ein­hal­ten müssen wie Schweizer
Anbieter.

20. Aus­ländis­che Anbi­eter von Finanz­di­en­stleis­tun­gen sollen sich in der Schweiz reg­istri­eren müssen,
sofern diese Tätigkeit in der Schweiz der Auf­sicht unter­ste­ht. Ein Reg­is­tere­in­trag ist dabei
an bes­timmte Voraus­set­zun­gen zu knüpfen.

21. An Stelle ein­er Reg­istrierungspflicht kön­nte für aus­ländis­che Finanz­di­en­stleis­ter, die grenzüberschreitend
tätig sind, auch eine Nieder­las­sungspflicht in der Schweiz einge­führt werden.

22. Die Reg­ulierung gren­züber­schre­i­t­en­der Finanz­di­en­stleis­tun­gen vom Aus­land in die Schweiz soll
nicht strenger sein als nötig, um den Kun­den­schutz und ein Funk­tion­ieren der Märk­te zu gewährleisten.