1B_126/2013: Verlängerung der Sicherheitshaft wegen Wiederholungsgefahr (amtl. Publ.)

In dem für die amtliche Samm­lung vorge­se­henen Urteil 1B_126/2013 vom 18. April 2013 bestätigt das Bun­des­gericht seine Recht­sprechung zur Ver­längerung ein­er Sicher­heit­shaft (Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO).

Bei der Anord­nung bzw. Fort­set­zung von straf­prozes­sualer Haft wegen Wieder­hol­ungs­ge­fahr zur Beschle­u­ni­gung des Ver­fahrens und zur Ver­hü­tung weit­er­er schw­er­wiegen­der Delik­te ist Zurück­hal­tung geboten:

3.1 […] Die Aufrechter­hal­tung von straf­prozes­sualer Haft wegen Fort­set­zungs­ge­fahr ist nach der bun­des­gerichtlichen Prax­is zuläs­sig, wenn ein­er­seits die Rück­fall­prog­nose sehr ungün­stig und ander­seits die zu befürch­t­en­den Delik­te von schw­er­er Natur (im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO) sind. Die rein hypo­thetis­che Möglichkeit der Verübung weit­er­er Delik­te sowie die Wahrschein­lichkeit, dass nur ger­ingfügige Straftat­en verübt wer­den, reichen dage­gen nicht aus, um eine Präven­tivhaft zu begrün­den. Schliesslich gilt auch bei der Präven­tivhaft — wie bei den übri­gen Haf­tarten — dass sie nur als “ulti­ma ratio” ange­ord­net oder aufrecht erhal­ten wer­den darf. Wo sie durch mildere Mass­nah­men erset­zt wer­den kann, muss von der Anord­nung oder Fort­dauer der Haft abge­se­hen und an ihrer Stelle eine dieser Ersatz­mass­nah­men ver­fügt wer­den (Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO; BGE 137 IV 13 E. 2.4–4 S. 17 ff. […]).

Wie das Bun­des­gericht bere­its entsch­ieden hat (BGE 137 IV 84 E. 3.2 S. 85 f.):

3.3 […] entsprechen der deutsche und der ital­ienis­che Wort­laut von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO (dro­hende “schwere Ver­brechen oder Vergehen”/“gravi cri­m­i­ni o delit­ti”) wed­er der bish­eri­gen Recht­sprechung, noch dem Sinn und Zweck der Bes­tim­mung. Gestützt auf den franzö­sis­chen Wort­laut (“des crimes ou des dél­its graves”) kön­nen grund­sät­zlich auch dro­hende Ver­brechen oder schwere Verge­hen für die Annahme von Wieder­hol­ungs­ge­fahr genü­gen (bestätigt u.a. in […] 1B_435/2012 vom 8. August 2012 E. 3.4 […]).

Im vor­liegen­den Fall bestand nicht nur der drin­gende Ver­dacht, son­dern bere­its ein recht­skräftiger richter­lich­er Nach­weis eines vol­len­de­ten (tatbe­standsmäs­si­gen und rechtswidri­gen) Tötungs­de­lik­tes als sog. “Anlas­stat” der gerichtlich ange­ord­neten sta­tionären Massnahme:

3.5.1 […] Bei Sicher­heit­shaft während nachträglichen richter­lichen Mass­nah­men­ver­fahren reicht grund­sät­zlich der (im Sank­tion­spunkt nochmals hängige) Gegen­stand der bere­its erfol­gten Verurteilung als Vordelin­quenz im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO […]. Vor ein­er recht­skräfti­gen Verurteilung kön­nte gemäss der Lehre und Recht­sprechung auch schon eine sehr grosse Verurteilungswahrschein­lichkeit (nach Mass­gabe des konkreten Einzelfalls) als Vordelin­quenz genü­gen (BGE 137 IV 84 E. 3.2 S. 86 […]). Bei akut dro­hen­den Schw­erver­brechen kann nach der Prax­is des Bun­des­gericht­es sog­ar aus­nahm­sweise auf das Vor­taten­er­forder­nis ganz verzichtet wer­den (vgl. BGE 137 IV 13 E. 3–4 S. 18 ff. […]).

Auss­chlaggebend war in diesem Zusam­men­hang die Frage der poten­tiellen Gefährlichkeit der hier wegen eines Tötungs­de­lik­tes als Anlas­stat inhaftierten Beschw­erde­führerin. Die Annahme von Wieder­hol­ungs­ge­fahr und die Ein­schätzung, dem dargelegten Haft­grund könne mit blossen Ersatz­mass­nah­men für Sicher­heit­shaft derzeit nicht aus­re­ichend begeg­net wer­den, durch die Vorin­stanz hal­ten (im jet­zi­gen Ver­fahrens- und Ther­a­pi­es­ta­di­um) vor dem Bun­desrecht stand. Das Bun­des­gericht weist die Beschw­erde als unbe­grün­det ab.