Im vorliegenden Fall hatte die für die Marktkontrolle von Druckbehältern zuständige SVTI eine Importeurin von Feuerlöschern und Aldi (vgl. dazu auch die NZZ) u.a. zur Wiederholung eines Rückrufs für bestimmte seit 2007 verkaufte “Protex”-Feuerlöscher verpflichtet. Ein erster Rückruf war erfolgt, weil ein Teil der betroffenen Feuerlöscher nicht funktionsfähig war; die Wiederholung war laut SVTI erforderlich, weil beim ersten Rückruf das zur Identifikation der betroffenen Geräte erforderliche Herstellungsdatum nicht angegeben worden war.
Das BGer bestätigte zunächst, dass sich die Fehlerhaftigkeit i.S.v. PrHG 4 I (das Produkt bietet nicht die
Sicherheit, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu
erwarten berechtigt ist) nur auf die Sicherheit des Produkts selbst bezieht, nicht auf seine Gebrauchstauglichkeit (die eine Frage der Sachgewährleistung ist). Bei Produkten, die gerade zur Abwehr von Schäden
bestimmt sind (wie bei Feuerlöschern), hängen beides, Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit, aber eng zusammen. Bei einem Feuerlöscher stelle ein Funktionsmangel deshalb stets auch einen Produktfehler i.S.v. PrGH 4 dar.
Zudem stellen das PrSG und das PrHG grundsätzlich auf das gleiche Sicherheitsniveau ab. Die Überlegungen des BGer zum PrHG seien daher analog auch auf das Produktsicherheitsrecht anwendbar.
Die Beschwerden der Importeurin und von Aldi wurde aber aus einem anderen Grund gutgeheissen: Der zweite Rückruf war inzwischen unverhältnismässig. Da die Feuerlöscher alle drei Jahre zur Revision gebracht werden
müssten, waren inzwischen nämlich ohnehin alle betroffenen Geräte funktionsüberprüft worden.Dies konnte vor BGer eingebracht werden, obwohl der blosse Zeitablauf kein Novum i.S.v. BGG 99 I ist: Im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung ist auch eine erst nach Erlass der fraglichen Massnahme eingetretene Unverhältnismässigkeit zu berücksichtigen, z.B. aufgrund des Zeitablaufs infolge einer übermässigen Verfahrensdauer. Dies war im konkreten Fall zu bejahen. Der Beschwerde ans BVGer war aufschiebende Wirkung erteilt worden. Der Rückruf musste daher während der Dauer des Verfahrens vor BVGer nicht erfolgen. Da aber zur Zeit des Urteils des BVGer seit der Herstellung der Geräte bereits 4–5 Jahre vergangen ware, “machte” ein Rückruf laut BGer “keinen Sinn mehr”:
Gerichtsnotorisch bedürfen Feuerlöscher einer periodischen Revision, damit ihre Funktionstauglichkeit gewährleistet bleibt. Sicherheitsbewusste Besitzer werden ihre in den Jahren 2007 und 2008 gekauften Feuerlöscher inzwischen bereits zur Revision gebracht haben; dabei wäre ein Funktionsmangel entdeckt worden. Besitzer, die nicht derart sicherheitsbewusst sind, dass sie ihre Feuerlöscher periodisch revidieren lassen, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf eine erneute Warnung nicht reagieren. Zudem können sie ohnehin nicht den Anspruch erheben, weiterhin einen funktionstauglichen Feuerlöscher zu besitzen.
Damit war die Massnahme inzwischen unverhältnismässig, wobei das BGer andeutet, dass eine nachträglich durch Zeitablauf eingetretene Unverhältnismässigkeit nicht zu berücksichtigen wäre, wenn sie vom Adressaten der Massnahme in rechtsmissbräuchlicher Weise selbst herbeigeführt worden wäre:
Grundsätzlich soll ein an sich rechtmässiger Verwaltungsakt nicht infolge blosser Verfahrensdauer vor einer Rechtsmittelinstanz unrechtmässig werden, würde dies doch Anreize schaffen, durch Erhebung auch unbegründeter Rechtsmittel an sich berechtigte Anordnungen zu unterlaufen. Vorliegend kann aber der Beschwerdeführerin nicht vorgeworfen werden, bloss zwecks Zeitgewinn ein Rechtsmittel erhoben zu haben. Sodann war die Dauer des Verfahrens vor der Vorinstanz aussergewöhnlich lange. Unter diesen Umständen ist im vorliegenden Fall die angeordnete Produktwarnung, auch wenn sie im Jahre 2009 wohl noch verhältnismässig gewesen wäre, inzwischen unverhältnismässig geworden.