Das Bundesgericht hat sich in einem für die amtliche Sammlung bestimmten Urteil (6B_513/2012) erstmals zu der Frage geäussert, ob ein Urteil im abgekürzten Verfahren voraussetzt, dass die beschuldigte Person ihr Geständnis in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung bestätigt.
Art. 361 f. StPO regeln im Hinblick auf das abgekürzte Verfahren: Das erstinstanzliche Gericht führt eine Hauptverhandlung durch, in der es die beschuldigte Person befragt und feststellt, ob diese den Sachverhalt anerkennt, welcher der Anklage zu Grunde liegt, und ob diese Erklärung mit der Aktenlage übereinstimmt. Ein Beweisverfahren findet indes nicht statt. Das Gericht befindet frei darüber, ob die Durchführung des abgekürzten Verfahrens rechtmässig und angebracht ist, ob die Anklage mit dem Ergebnis der Hauptverhandlung und den Akten übereinstimmt und ob die beantragten Sanktionen angemessen sind.
Zunächst setzt sich das Bundesgericht mit den Gesetzgebungsmaterialien (E. 2.5.2) und den Lehrmeinungen (2.5.3–2.5.5) auseinander. Schliesslich hält es fest, dass das gerichtliche Bestätigungsverfahren einer der gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismen im abgekürzten Verfahren ist und die Befragung der beschuldigten Person anlässlich der Hauptverhandlung dabei ein wesentlicher Bestandteil darstellt (E. 2.6).
Es kommt daher zu dem Schluss:
2.6. […] Die Anerkennung des angeklagten Sachverhalts durch die beschuldigte Person gemäss Art. 361 Abs. 2 lit. a StPO muss als Erneuerung des Geständnisses verstanden werden, das diese bereits im Vorverfahren ablegte. Angesichts des Ausnahmecharakters des abgekürzten Verfahrens kann auf eine solche Bestätigung nicht verzichtet werden. Wenn sich die beschuldigte Person an der Hauptverhandlung auf ihr Aussageverweigerungsrecht beruft, kann das Gericht seine Prüfungspflichten nicht wahrnehmen. In einem solchen Fall kann es lediglich feststellen, dass die Voraussetzungen für ein Urteil im abgekürzten Verfahren nicht erfüllt sind, weshalb die Akten nach Art. 362 Abs. 3 Satz 1 StPO an die Staatsanwaltschaft zur Durchführung eines ordentlichen Vorverfahrens zurückzuweisen sind. Die Verweigerung der Aussage an der Gerichtsverhandlung führt zwar faktisch zur Möglichkeit, die (grundsätzlich unwiderrufliche, vgl. Art. 360 Abs. 2 StPO) Zustimmung zur Anklageschrift zu widerrufen. Diese Folge ist aber hinzunehmen, wenn sich das Gericht nicht persönlich davon überzeugen kann, dass die beschuldigte Person den angeklagten Sachverhalt anerkennt. Andernfalls könnte ebenso gut auf die Durchführung einer Hauptverhandlung und das gerichtliche Bestätigungsverfahren verzichtet werden.