5A_309/2013: Hirschmann: Unterlassungsanspruch, Prüfung im Urteilszeitpunkt; Publikation einer Entschuldigung als Genugtuung

Eine frühere Fre­undin von Carl Hirschmann hat­te von ihm ver­langt, weit­er­er Ver­let­zun­gen zu unter­lassen und im Inter­net eine Entschuldigung zu pub­lizieren. Vor BGer nicht mehr strit­tig war, dass Hirschmann die Per­sön­lichkeit sein­er früheren Fre­undin durch
falsche Behaup­tun­gen in ihrer Per­sön­lichkeit schw­er und wider­rechtlich ver­let­zt hat­te. Zu beurteilen waren nur die Rechts­fol­gen. Das BGer set­zt sich dabei mit dem Anspruch erstens auf ein Unter­las­sung­surteil und zweit­ens auf eine Entschuldigung auseinan­der:

I. Unter­las­sungsanspruch

Das OGer ZH als Vorin­stanz hat­te einen Unter­las­sungsanspruch verneint. Bei der Prü­fung hat­te das OGer mit mehr Ein­füh­lungsver­mö­gen als päd­a­gogis­chem Anspruch berück­sichtigt – obwohl der Massstab für die Wieder­hol­ungs­ge­fahr nicht allzu hoch ange­set­zt wer­den dürfe –, dass sich Hirschmann “heute ein­sichtig” zeige, indem er in der Beru­fung die Ver­let­zung als solche nicht mehr bestrit­ten hat­te. Zudem habe er mit der Beru­fung einen Brief seines Anwaltes vorgelegt, in dem er seine Exfre­undin um Entschuldigung bit­ten und zusich­ern liess, die stre­it­i­gen Inhalte nicht mehr zu pub­lizieren. Dieser Brief war offen­bar beachtlich — auch weil er Hirschmann, der laut OGer “offen­bar (zu) lange glaubte, sich mit seinem vie­len Geld alles erlauben bzw. sich allen­falls freikaufen zu kön­nen”, nicht leicht gefall­en sein dürfte. Und schliesslich sei Hirschmann durch die Strafver­fahren vor Augen geführt wor­den, wie der Staat auch ihm gegenüber Rechtsver­let­zun­gen und Über­griffe ahnde.

Bei solchen Prog­nosen inter­ve­niert das BGer nur ausnahmsweise:

Das Sachgericht ste­ht ein­er solchen Prog­nose näher als das
Bun­des­gericht. Das Bun­des­gericht inter­ve­niert deshalb nur, wenn der Prog­noseentscheid auf sach­frem­den Annah­men und Über­legun­gen beruht. Im vor­liegen­den Fall trifft dies nicht zu. […] trifft es zu, dass der die Auf­schal­tung der Entschuldigung während 30 Tagen an jenen Orten, an denen bere­its die stre­it­i­gen Veröf­fentlichun­gen erfol­gt skann und sich schliesslich als nicht mehr nötig erweist. Ob ein Anspruch auf ein straf­be­wehrtes Unter­las­sung­surteil beste­ht, entschei­det sich dabei sin­nvoller­weise auf­grund der Sit­u­a­tion im Urteil­szeit­punkt und nicht bei Ein­re­ichung der Klage. Dies gilt auch dann, wenn das Gericht auf Beru­fung hin entschei­det und dabei den Sachver­halt unter Vor­be­halt unzuläs­siger Noven (Art. 317 ZPO) frei über­prüfen kann. […] Dass die Beschw­erdegeg­n­er damit die Möglichkeit haben, durch einen prozesstak­tisch motivierten Weit­erzug des erstin­stan­zlichen Urteils ein Unter­las­sung­surteil zu ver­hin­dern, ist in Kauf zu nehmen. […]

II. Anspruch auf eine Entschuldigung

Mit Bezug auf den Anspruch auf eine Entschuldigung hat­te die Exfre­undin ver­langt, dass eine Entschuldigung während 30 Tagen
dort aufzuschal­ten sei, wo die ver­let­zen­den Veröffentlichungen
erfol­gt waren. Das BezGer ZH hat­te dies geschützt. Das OGer hat­te dage­gen fest­ge­hal­ten, dass die betr­e­f­fend­en Orte heute von Unbeteiligten kaum mehr aufge­sucht wür­den. Zudem sei Hirschmann in einem Strafver­fahren bere­its als Lügn­er ent­larvt wor­den, was durch die medi­ale Berichter­stat­tung und durch ein im Inter­net abruf­bares Urteil (BGE 137 IV 258) öffentlich bekan­nt sei.

Dem wider­spricht das BGer, vor allem weil die Strafver­fahren nicht den gle­ichen Sachver­halt betrafen wie die zu beurteilende Per­sön­lichkeitsver­let­zung. Damit fehle ein unmit­tel­bar­er Zusam­men­hang mit der Per­sön­lichkeitsver­let­zung. Die Durch­führung eines Strafver­fahrens und die damit ver­bun­dene Pub­liz­ität könne höch­stens in Aus­nah­me­fällen die Genug­tu­ung erset­zen.

Zudem hängt der Anspruch auf eine Genug­tu­ung nicht davon ab, ob und gegebe­nen­falls wer von der ver­langten Veröf­fentlichung Ken­nt­nis nehmen kann, denn anders als bei der Veröf­fentlichung eines Urteils geht es unter dem Titel der Genug­tu­ung nicht um die Besei­t­i­gung unrichtiger Vorstel­lun­gen, son­dern um Süh­neleis­tung. Damit habe das BezGer den Anspruch von Hirschmanns ehe­ma­liger Fre­undin darauf, dass Dritte in gebührender
Form — und hier durch Veröf­fentlichung der Entschuldigung u.a. auf Face­book — Ken­nt­nis vom began­genen Unrecht und der Entschuldigung von Hirschmann erhal­ten, zu Recht bejaht. Für die Modal­itäten weist das BGer die Sache ans BezGer zurück.