2C_1032/2012: Ungerechtfertigte Weigerung, einen Spot des VgT auszustrahlen; Grundrechtsbindung der Publisuisse (amtl. Publ.)

Das Bun­des­gericht hat eine Beschw­erde des Vere­ins gegen Tier­fab­riken (VgT) gegen die ver­weigerte Ausstrahlung eines Werbespots “Was das Schweiz­er Fernse­hen totschweigt” gut­ge­heis­sen und den Entscheid der UBI als Vorin­stanz aufgehoben.

Es gab dabei zwei Ver­sio­nen des Spots. In der ersten Ver­sion, die aus­ges­trahlt wor­den war, lautete die For­mulierung “was andere Medi­en totschweigen”. In der zweit­en Ver­sion wurde sie durch die For­mulierung “was das Schweiz­er Fernse­hen totschweigt” erset­zt. Diese Ver­sion erachtete die Pub­lisu­isse AG als geschäfts- und imageschädi­gend im Sinne ihrer AGB; die Pub­lisu­isse ver­weigerte die Ausstrahlung. Die UBI hat­te diese Ver­weigerung geschützt.

Das BGer erwäh­nt zunächst, dass kein “Recht auf Antenne” beste­ht, d.h. kein Recht­sanspruch auf Auf­nahme ein­er Infor­ma­tion oder Auf­fas­sung in das redak­tionelle Konzept. Ein solch­es Recht kann sich jedoch aus­nahm­sweise aus dem Diskri­m­inierungsver­bot ergeben,d.h.

“[…] wenn ein Ver­anstal­ter gewis­sen Parteien, Per­so­n­en und Grup­pierun­gen direkt oder indi­rekt Zugang zum Pro­gramm gewährt, ver­gle­ich­baren Parteien, Per­so­n­en oder Grup­pierun­gen einen solchen jedoch ohne sach­lichen Grund ver­wehrt und sie damit recht­sun­gle­ich behan­delt bzw.  diskriminiert.” 

Das BGer weist darauf hin, dass die SRG bei der Akqui­si­tion und Ausstrahlung der Wer­bung nicht unmit­tel­bar im Rah­men ihres Pro­gram­mauf­trags tätig wird. Jedoch ist der Wer­be­bere­ich eine Nebe­nak­tiv­ität zur Finanzierung der Pro­gramme der SRG. Die SRG ist als
priv­i­legierte Konzes­sionärin des Bun­des im
Wer­be­bere­ich nicht gle­ich frei wie Pri­vate. Daher ist die SRG auch im Wer­be­bere­ich an die Grun­drechte gebun­den (BV 35 II). Sie kann sich bei der Auswahl der zuge­lasse­nen Werbe­sendun­gen nicht unbeschränkt auf ihre Pro­gram­mau­tonomie berufen, soweit dem Zuschauer klar ist, dass es sich bei der Wer­beaus­sage um die Auf­fas­sung eines Drit­ten handelt.

Die SRG durfte die Ausstrahlung des abgeän­derten Spots deshalb nur dann ver­weigern und dadurch in die Mei­n­ungs­frei­heit des VgT ein­greifen, soweit eine geset­zliche Grund­lage hier­für bestand, ihr Han­deln im öffentlichen Inter­esse lag und die Mass­nahme als ver­hält­nis­mäs­sig gel­ten kon­nte. Dies verneint das BGer:

  • Die AGB der pub­lisu­isse stellen keine geset­zliche Grund­lage dar. 
  • Inwiefern der Spot nicht nur kri­tisch, son­dern ger­adezu per­sön­lichkeitsver­let­zend oder unlauter war, wurde sodann nicht dargelegt. Jeden­falls  stellt die blosse Befürch­tung, der Spot kön­nte dem Ruf der SRG poten­ziell abträglich sein, kein hin­re­ichen­des Inter­esse dar, um die Ausstrahlung zu ver­weigern. Damit lag Weigerung, den Spot auszus­trahlen, wed­er im öffentlichen noch im pri­vat­en Inter­esse, so dass die damit ver­bun­dene implizite Beschränkung der Mei­n­ungsäusserungs­frei­heit nicht erforder­lich war.