5A_853/2013: vorsorgliche Massnahmen bei der paulianischen Anfechtung

In diesem Urteil des Bun­des­gerichts geht es um vor­sor­gliche Mass­nah­men bei der pau­lian­is­chen Anfech­tung. R.Z. war Eigen­tümer ver­schieden­er Gesellschaften, welche die sog. Z.-Gruppe bilde­ten. Nach dem finanziellen Zusam­men­bruch der Gruppe wurde auch über R.Z. als Pri­vat­per­son der Konkurs eröffnet. Vor der Konkurs­eröff­nung hat­te R.Z. zahlre­iche Ver­mö­genswerte auf seine Lebenspart­ner­in und seine bei­den Söhne über­tra­gen, u.a. 54’100 Aktien der T. Hold­ings Inc. auf seine Lebenspart­ner­in sowie 500 Aktien der U. Immo­bilien AG an die bei­den (damals rund ein­jähri­gen) Söhne. Ver­wal­tungsräte der U. Immo­bilien AG sind R.Z. und S.Z. (der Brud­er von R.Z.).

Zahlre­iche Gläu­biger erhoben in der Folge Anfech­tungsklage und ver­langten die Voll­streck­ung in ver­schiedene Ver­mö­genswerte, so u.a. die Ver­w­er­tung der auf die Söhne über­tra­ge­nen Aktien der U. Immo­bilien AG und der auf die Lebenspart­ner­in über­tra­ge­nen Aktien der T. Hold­ings Inc. Auf Begehren der Gläu­biger erliess das Bezirks­gericht als vor­sor­gliche Mass­nahme diverse Ver­fü­gungs­beschränkun­gen, Veräusserungsver­bote und Her­aus­gabebe­fehle, u.a. die Vormerkung ein­er Ver­fü­gungs­beschränkung und Anmerkung ein­er Kan­zleis­perre betr­e­f­fend acht Liegen­schaften der U. Immo­bilien AG sowie die Sperre eines auf die Staat­san­waltschaft lau­t­en­den Kon­tos bei der Bank W. betr­e­f­fend Erlös aus dem Verkauf der T. Hold­ings Inc.

Das Bun­des­gericht hielt zunächst fest, dass die vor­sor­gliche Ein­tra­gung von Ver­fü­gungs­beschränkun­gen und Grund­buchsper­ren für diverse im Eigen­tum der U. Immo­bilien AG ste­hende Grund­stücke jeden­falls in der vor­liegen­den Kon­stel­la­tion keinen nicht wieder gutzu­machen­den Nachteil begründe. Es argu­men­tierte, dass bei einem für die Beschw­erde­führer gün­sti­gen Aus­gang des Hauptver­fahrens die vor­sor­glichen Mass­nah­men dahin­fall­en wür­den, weshalb kein Nachteil ersichtlich sei, der sich mit einem späteren gün­sti­gen Endentscheid nicht beseit­i­gen liesse. Ins­beson­dere werde auch nicht gel­tend gemacht, dass der Geschäfts­gang in näch­ster Zeit die Veräusserung oder Belas­tung von Grund­stück­en notwendig machen würde. Man­gels eines nicht wieder gutzu­machen­den Nachteils wurde daher auf die Beschw­erde nicht einge­treten, soweit sie die Grund­stücke der U. Immo­bilien AG betraf.

Ergänzend wies das Bun­des­gericht zudem darauf hin, dass die Beschw­erde auch in materieller Hin­sicht abzuweisen wäre. Die Beschw­erde­führer macht­en zwar u.a. gel­tend, dass sich die vor­sor­glichen Mass­nah­men gegen Dritte (näm­lich die U. Immo­bilien AG) richte, und dass keine Gefahr der Veräusserung von Grund­stück­en beste­he. Das Bun­des­gericht hielt jedoch fest:

„Soweit die Anfech­tungsklage auf eine “Rück­gabe in natu­ra” gerichtet ist, indem das Anfech­tung­sob­jekt der Zwangsvoll­streck­ung zuge­führt wer­den soll […], sind vor­sor­gliche Mass­nah­men zur Sicherung der Realvoll­streck­ung auf der Grund­lage des für den Anfech­tung­sprozess anwend­baren Zivil­prozess­rechts möglich […]. Bei Grund­stück­en geschieht dies durch eine auf Art. 262 lit. b ZPO gestützte Ver­fü­gungs­beschränkung oder Grund­buchsperre […]. Vor­liegend sollen indes nicht die Grund­stücke der U. Immo­bilien AG, son­dern vielmehr diese selb­st bzw. die vom konkur­siten R.Z. auf seine Söhne über­tra­ge­nen Aktien der Zwangsvoll­streck­ung zuge­führt wer­den. Zwar kön­nte sich eine Anord­nung gestützt auf Art. 262 lit. c ZPO nach dem aus­drück­lichen Geset­zeswort­laut auch gegen Dritte richt­en. Die Vormerkung ein­er Ver­fü­gungs­beschränkung gemäss Art. 960 Abs. 1 lit. a ZGB kann aber einzig der Sicherung stre­it­iger oder vol­lziehbar­er Ansprüche dienen. Unter solchen sind Ansprüche oblig­a­torisch­er Natur zu ver­ste­hen, die sich auf das betr­e­f­fende Grund­stück selb­st beziehen und die sich, wenn endgültig anerkan­nt, grund­buch­lich auswirken […]. Sowohl das Anfech­tung­surteil als auch die dadurch angestrebte Zwangsvoll­streck­ung in die Aktien sind grund­buch­neu­tral. Die Anord­nung der Vormerkung ein­er Ver­fü­gungs­beschränkung im Sinn von Art. 960 Abs. 1 lit. a ZGB wäre deshalb nicht möglich. Hinge­gen scheint die par­al­lel ange­ord­nete Grund­buchsperre, welche im Grund­buch ange­merkt wird […], dur­chaus statthaft. Der Wert ein­er Immo­bilienge­sellschaft bzw. die Werthaltigkeit der Aktien bes­timmt sich näm­lich in mass­ge­blich­er Weise anhand des Wertes der in ihrem Eigen­tum ste­hen­den Liegen­schaften und deren Veräusserung oder Belas­tung würde mut­masslich direkt auf den erziel­baren Ver­w­er­tungser­lös für die Gesellschaft durch­schla­gen. Die Veräusserung der Liegen­schaften würde ein­er Aushöh­lung der Gesellschaft gle­ichkom­men und im Extrem­fall würde nur ein bloss­er Aktien­man­tel übrig bleiben, welch­er der Zwangsvoll­streck­ung zuge­führt wer­den kön­nte. Die Anord­nung ein­er Grund­buchsperre hin­sichtlich der Grund­stücke zur Aufrechter­hal­tung des inneren Wertes der Aktien ein­er Immo­bilienge­sellschaft erscheint deshalb zuläs­sig, soweit die Voraus­set­zun­gen von Art. 261 und 262 ZPO […] glaub­haft gemacht sind.“ 

Das Bun­des­gericht kam zum Schluss, dass die Gefahr ein­er Aushöh­lung der Gesellschaft glaub­haft sei und hielt dafür, dass jeden­falls die Kan­zleis­per­ren recht­mäs­sig seien.