8C_864/2013: Die Frage der Rechtshängigkeit im Verwaltungsverfahren hängt nicht einzig vom Verhalten der rechtssuchenden Person ab (amtl. Publ.)

In diesem Entscheid set­zt sich das BGer schw­ergewichtig mit dem Zeit­punkt der Recht­shängigkeit des erstin­stan­zlichen Ver­wal­tungsver­fahrens auseinan­der. Am 20. Juli 2010 wurde ein­er Hebamme mit­geteilt, dass ihre Stelle in eine neue Lohn­klasse über­führt wor­den sei. Die Hebamme beschw­erte sich über diese Neuein­teilung beim Ver­wal­tungsrat des Zweck­ver­bands A., welch­er ihr Begehren abwies. Der Bezirk­srat wiederum trat auf den Rekurs der Hebamme nicht ein, da die Frist nicht gewahrt wor­den sei. Gegen diesen Entscheid gelangte die Hebamme an das Ver­wal­tungs­gericht des Kan­tons Zürich, welch­es die Sache in Gutheis­sung der Beschw­erde an den Bezirk­srat zurück­wies. Das Ver­wal­tungs­gericht führte ins­beson­dere aus, dass auf das vor­liegende Ver­fahren die altrechtlichen kan­tonalen Bes­tim­mungen anwend­bar seien und die Rechtsmit­tel­frist damit einge­hal­ten sei. Der Zweck­ver­band A. ergriff gegen diesen Entscheid Beschw­erde in öffentlich-rechtlichen Angele­gen­heit­en, dringt mit seinen Anliegen beim BGer aber nicht durch.

Zunächst nimmt das BGer eine Abgren­zung zwis­chen zivil­rechtlichen Ver­fahren und Ver­wal­tungsver­fahren vor. Anders als im Zivil­recht, das durch die Dis­po­si­tion­s­maxime bes­timmt sei, könne ein Ver­fahren des öffentlichen Rechts auch von Amtes wegen ein­geleit­et wer­den. Die Frage der Recht­shängigkeit könne deshalb nicht einzig vom Ver­hal­ten der rechtssuchen­den Per­son abhängen.

Sodann äussert sich das BGer zum Zeit­punkt der Eröff­nung des erstin­stan­zlichen Ver­wal­tungsver­fahrens, welch­er oft­mals schwierig zu bes­tim­men sei. Mass­gebend seien Vorkehrun­gen der Behörde, welche den Erlass ein­er Ver­fü­gung erwarten liessen. Im Einzel­nen nen­nt das BGer die fol­gen­den Kriterien:

  • Rechtss­chutz­in­ter­essen der betrof­fe­nen Person
  • Das von Drit­ten resp. der betrof­fe­nen Per­son erkennbare Han­deln der Behörde
  • Indi­vid­u­al­isierung und Konkretisierung des Verwaltungshandelns

Bei der Ein­leitung eines Ver­wal­tungsver­fahrens von Amtes wegen ergibt sich das Han­deln der Behörde schw­ergewichtig aus dem  materiellen Recht, welch­es auch den Ermessensspiel­raum der Behörde sowohl bezüglich der materiellen Beurteilung als auch bezüglich der Frage der Ein­leitung ein­er Ver­fahrens vorgibt […]. Die Eröff­nung des Ver­fahrens bewirkt die Recht­shängigkeit (Litispendenz). Diese endet mit dem förm­lichen Abschluss des Ver­fahrens durch die han­del­nde Behörde; daran ändert nichts, dass die Ver­fü­gung nicht formell recht­skräftig ist, wenn noch ein ordentlich­es Rechtsmit­tel dage­gen erhoben wer­den kann, denn mit dessen Erhe­bung wird das Ver­fahren vor der Rechtsmit­telin­stanz neu eröffnet, d.h. von neuem recht­shängig gemacht […] (E. 5.4).

Das BGer set­zt den Zeit­punkt der Recht­shängigkeit im vor­liegen­den Ver­fahren auf den 20. Juli 2010 fest, da der Hebamme an diesem Tag durch schriftliche Mit­teilung die kün­ftige Lohne­in­stu­fung eröffnet wor­den sei. Mithin habe sich die Hebamme zu diesem Zeit­punkt zum ersten Mal konkret zur Lohne­in­stu­fung äussern kön­nen.  Wie vom Ver­wal­tungs­gericht des Kan­tons Zürich aus­ge­führt, seien auf das vor­liegende Ver­fahren die altrechtlichen kan­tonalen Bes­tim­mungen anwend­bar, wom­it die Rechtsmit­tel­frist durch die Hebamme einge­hal­ten wor­den sei.